Da kam Bodo mit dem Bagger oder, Freud und Leid beim Heimwerken.
Mit einem Heimwerker als Mann ist Frau immer gut beraten. Immer? Na klar! Es sei dann, es passieren unvorhergesehene Dinge. Und das sie passieren, ist so sicher, wie das Amen in der Kirche. Eigentlich hat man doch viel gemein, ich meine, mit der Kirche. Jedes Mal, wenn es losgeht mit Hammer, Meißel und anderen Gerätschaften stößt Frau ein Gebet gen Himmel, dass bloß alles gut geht. Meistenteils ist es auch der Fall. Wie gesagt, meistenteils. Über den Rest deckt Frau den Mantel der? Genau! Sie wissen, was ich meine. Nur in den äußersten Fällen, kann Frau suchen, so viel Sie will, der Mantel bleibt, und wenn auch nur für ein paar Stunden, unauffindbar. Bekanntlich, und auch das wissen wir alle nur zu gut, schreibt das Leben die besten Geschichten. Zwar hieß der Herr mit dem Bagger, in meinem Fall nicht Bodo und es war beileibe auch kein Bagger, sondern ein Vorschlaghammer, aber ansonsten hielt sich mein Angetrauter getreu dem Motto, einer bekannten Bauhauskette“ Mach es zu deinem Projekt“.
Wer einen Garten besitzt, kennt das Problem. Jeder hat hier so seine kleinen Ecken und Nischen, die eine Runderneuerung wirklich mal nötig hätten. In meinen speziellen Fall, war es unser übergroßer Parkplatz, der bequem drei Automobilen eine passende Schlafstätte bot und, dem wir schon seit Jahren den Garaus zu machen wollten. Nur eine innovative Idee, die fehlte. Aber, was wäre Familie ohne ihre lieben Sprösslinge? Gut, vielleicht wäre die Idee auch weitaus weniger zündend gewesen, wenn unsere Tochter nicht den Bauch voller Groll und über so viel überschüssige Energie verfügt hätte, dass es ebenso gut auch für den Bau einer ganz neuen Stadt reichte? Wie auch immer. Der Funke sprang über und mein Mann ließ sich auch nicht lange bitten und startete unser Familienprojekt. Wie kleine fleißige Ameisen schwirrten wir zu viert raus ins Freie und holten mit Feuereifer einen Stein nach dem anderen aus seinem Fundament, pflanzten sechs riesengroße Rhododendron um, ebneten solide und haargenau den Boden ein, verlegten Stromkabel, versetzen Gartenlampen, gruben einen alten Baumstamm samt wuchernder Wurzel aus dem Boden - da weiß man, was harte Gartenarbeit bedeutet - und gestalteten am Ende, den neu erschaffenen Platz , mit bunten Kieselsteinen, die wir selbstredend und mit viel Schweiß auf unserer Stirn, bei sengender Hitze, gleich viermal von einem Bauschutt- und Gartenhändler , Schaufel für Schaufel in unseren Anhänger bugsierten. Alles natürlich zum Selbstkostenpreis. Da erhält der Slogan: „ Schwitz es aus“ doch gleich eine ganz andere Dimension. Das einzige, was unserer Schaffenskraft im Wege stand, war ein altes und längst nicht mehr benutztes Gartentor. Seit Jahren verrottete es zwischen Büschen und unserer Hecke und wurde nur von einem Koloss von Begrenzungsmauer, der einsam und verlassen die Einfahrt zum Parkplatz zierte und in dem sein Motor ein willkommenes zu Hause hatte, davon abgehalten, eines Tages verrostet in den Garten zu fallen. Getreu der Devise „ halbe Sachen sind keine Option“ machte mein Mann sich am vorletzten Samstag ans Werk.
Wer arbeitet, braucht auch etwas zwischen die Zähne. Als treusorgende Ehefrau und Mutter fühlte ich mich so zusagen geradezu herausgefordert, mich dieser wichtigen Aufgabe zu stellen. Während ich also meinen Einkaufwagen durch die engen Gänge mehrerer Läden schob, überließ ich getrost meinem angetrauten Gatten und selbsternannten Heimwerker, nebst Tochter und jüngstem Sohn, die harte Arbeit , uns mit Vorschlaghammer, Brechstange und elektrischem Gerät von diesem Koloss und Tor zu befreien. Mein schlechtes Gewissen , mich aus dem Staub gemacht zu haben, beruhigte ich mit dem einen oder anderen liebevollen und aufmunternden Gedanken an zu Hause und legte obendrein auch noch einen leckeren Kuchen in den Einkaufswagen. Das alles gut gehen würde, daran hatte ich keinen Zweifel. Es war ja nicht die erste Stromleitung, die mein Heimwerkmeister in seinem Leben zu Leibe rücken würde. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Oder, um es mit einem bulgarischen Sprichwort auszudrücken:
<< wenn man nur vom Zuschauen ein Handwerk erlernen könnte, wäre jeder Hund ein Metzgermeister<<
Nun ist mein Mann beileibe kein Metzgermeister und, die einzigen Würstchen, die ich hätte anbieten können, waren die, die ich im Wagen mit mir herumfuhr. Ich gebe zu, meine Enttäuschung, als ich den Koloss noch immer, wenn auch nur zu 2/3 felsenfest in der Einfahrt stehen sah, pochte schon so ein wenig in meiner Brust. Ehrlich, ich dachte, mit so einem wuchtigen Bumms und allerlei Budenzauber wäre die Sache nach 1 ½ Stunden erledigt. Da stand er nun und glotze mich mit seinen roten Backsteinen frech an, doch von meinem Bautrupp und Hobbyhandwerkern war weit und breit nichts zu sehen. Natürlich kam ich nicht auf die Idee, das hätte irgendetwas nicht in Ordnung sein können. Nicht mal, als ich bepackt mit Einkaufskiste durch die Gartenküchentür trat und meine Tochter samt Enkelsohn am Küchentisch sitzen sah, kam mir auch nur die leiseste Ahnung. Erst , als ich dieses unverkennbare Grummeln und Klappern aus dem Keller hörte und es sich von Sekunde zu Sekunde mehr und mehr in meine Gehörgänge schlich, ahnte ich böses. Meine Alarmglocken schellten lauter als die des Big Bens. Ich stand da wie ein Stehaufmännchen auf halb acht Stellung. Jederzeit bereit dem Unvermeidlichen ins Auge zu blicken. Das einzige, was ich jedoch zu Gesicht bekam, war mein Sohn, der mit einem verschmitzten Lächeln die Treppe hoch kam und meinte, << hast du schon den Receiver gesehen>>?
Wie ein geölter Blitz lief ich ins Wohnzimmer. Aber dort, wo er sonst stand war gähnende Leere. Mein Blick schweifte hinaus in den Garten und das sah ich ihn, unseren Receiver oder, vielmehr das, was von ihm übrig geblieben war. Undefinierbar, leicht verkohlt und deformiert lag das Ding in der prallen Sonne. Die Frage, was genau passiert war erübrigte sich irgendwie beim Anblick dieses verschmolzenen Dinges. Dennoch brannte diese Frage wie Zunder auf meiner Seele. Genau jetzt war der Augenblick mit dem Mantel gekommen, Sie erinnern sich? Gut! Ein Mantel hätte allerdings gar nicht gereicht. Was ich brauchte, war gleich ein riesengroßes Zweimannzelt mit Thermowänden und Schlafkojen. Ich ging hoch, wie eine Rakete in der Silvesternacht. Die 380 Volt, die beim Versuch das Stromkabel unseres Gartentores zu kappen durch eine Leitung unseres Hauses schoss und dabei alle elektrischen Geräte , die daran angeschlossen waren, den Garaus machte, waren nichts gegen meine Volt Zahl, die ich in diesem Moment lodernd und kribbelnd verspürte. Eigentlich hab ich für Frauen, die schimpfen und zetern, wie alte Waschweiber nicht viel übrig. Und ganz ehrlich, liebe ich meinen Mann und seine handwerklichen Fähigkeiten. Aber in diesem Moment hätte ich ihn, nebst Tochter und Sohn samt unserem Projekt direkt und ohne Umwege zum Mars schießen können.
Eine ganze geschlagene Stunde versuchte mein Heimwerker dem Problem zu Leibe zu rücken. Mir ist schleierhaft, warum Männer selten und wenn, immer erst viel zu spät zugeben können, dass ihr Latein am Ende ist. Aber man sagt ja auch, jeder Versuch macht klug. Und, wer möchte schon dumm sterben? Am Ende musste doch der Profi ran, der mir mit Engelsgesicht und einem Lächeln, dass selbst den Mount Everest zum Schmelzen gebracht hätte, gleich dreimal versicherte, dass meinem Bautrupp , an dieser Misere keine Schuld traf. Schuld hatten die, die unser Tor vor Jahrzehnten eingebaut hatten. << Pfusch nur Pfusch<< war seine einhellige Meinung. Was mir allerdings wenig nutzte. Immerhin besaßen wir weder einen funktionierenden Kühl- Gefrier-Schrank, noch einen Receiver und auch unserem Fernseher hat es kurzer Hand das Leben gekostet. Ganz zu schweigen von diversen Lampen und meinem geliebten Radio im Schlafzimmer.
Nach 6 Stunden harter fachmännischer Elektroarbeit und mehreren Flüchen seinerseits war der Schaden behoben. Unsere Lebensmittel konnten mit der verbliebenen restlichen Kälte im Kühlschrank vor einem frühzeitigen Ableben gerettet werden und auch sonst war unser Familienleben wieder in Butter.
Übrigens, unseren sonntäglichen Tatort haben wir via Handy und Tablett geschaut. Ein einmaliges Erlebnis, was im wahrsten Sinne des Wortes, eine Familie enger zusammenwachsen lässt. Schade nur, dass fünf Minuten vor Ende unser Limit erreicht war und unsere Leitung den Geist aufgab. Unseren Augen kam dieser Umstand sicherlich ganz gelegen und früh zu Bett gehen hat ja auch seine Vorteile. Frau kann so herrlich über dies und das nachdenken, während man darauf wartet, dass einem der Schlaf übermannt. Ein Gedanke gefiel mir dabei ganz besonders. Dumm, dass mein Mann erst im nächsten Jahr Geburtstag hat. Aber Weihnachten naht ja schon wieder mit Riesenschritten und bis dahin hab ich garantiert ein passendes Buch über Stromkreise und die Tücken der Elektrizität gefunden. Sicher ist sicher, denn das nächste Projekt sitzt schon in seinen Startlöchern.
Unsere Terrasse hätte eine Grunderneuerung dringend nötig.
Herzlichst eure Lilo.
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