Eiderdaus
Kinners, wie doch die Zeit vergeht. Da schaut man Samstag auf den Kalender und stellt fest, dass in zwei Monaten schon wieder Weihnachten ist. Mich stört es ja nicht. Ich mag den Winter und vor allen Dingen die Vorweihnachtszeit. Jedes Jahr freue ich mich erneut darauf auf den vielen Weihnachtsmärkten bummeln zu gehen, Glühwein zu trinken und mir ohne schlechtem Gewissen eine Tüte gebrannte Mandeln zu kaufen. Wobei so ein ganz büsschen kann einem die Lust auf diese Zeit schon vereitelt werden.
Da gibt es zu einem die ewig Nörgler, die am liebsten Sommersonnen- Wetter das ganze Jahr hätten und bei jedem verstreichenden Tag eine Unglücksmine aufsetzen, als hätte man ihnen die Butter vom Brot genommen. Was soll man dazu sagen? Am besten Nichts. Egal, was man an Argumenten auch anbringt, sie wollen Sonne und Wärme pur. Herbst – und Weihnachtszeit ist ihnen ein Gräuel und mit ihrer ewigen Nörgelei können sie einem die Vorfreude ziemlich vermiesen. Sollen sie doch bloß alle nach Mallorca fahren.
Und dann gibt es natürlich noch den Einzelhandel. Auf den hab ich sowieso ein Rochus. Muss es denn sein, dass Spekulatius und Co bereits kurz nach den Sommerferien in den Geschäften angepriesen wird wie Sauerbier? Ich meine, wo bleibt da der Zauber und die Magie?
Natürlich haben sich die Zeiten geändert. Und wenn wir früher an Weihnachten dachten, dann war die Zeit aber vor allen Dingen das Fest mit so viel Zauber und Mystik behaftet, dass man ehrfurchtsvoll am Heiligabend vor dem Tannenbaum stand und beim wiederkehrenden Weihnachtsgedicht einem die Spucke im Halse stecken blieb. Wie oft hat man sich zu früheren Zeiten die Nase an den Schaufenstern platt gedrückt und selbst die Erwachsenen konnten sich dem weihnachtlichen Zauber und der Magie, die dieser Zeit innewohnt kaum entziehen. Mit meinen eigenen Kindern habe ich Heiligabend noch den Weihnachtsmann gesucht. Heute steht er Ende Oktober an den Eingangstüren zahlreicher Läden als billige Witzfigur und verteilt Reklamezettel und Gewinnspiel- Karten.
Heute ist die Weihnachtszeit doch irgendwie entzaubert. Ende September kann man alles kaufen, was man so für den „ Bunten Teller „ benötigt. Da fällt mir ein. Wer kennt überhaupt noch die gute alte Sitte des „ Bunten Tellers“? Im heimischen Briefkasten liegen Reklamezettel, die auf vielen bunten Seiten ihre Weihnachtsdekorationen anbieten. Nikoläuse in blau, grün, gelb und rot. Lichterketten in Form von kleinen Tannenbäumen kann man ebenso finden wie kleine Wichtel, die im Wind hin – und her flattern. Christkind, Weihnachtsmann und andere Zauberwesen warten schon Wochen vorher darauf von ihrem tristen Ladenleben hinein in die gute alte Weihnachtsstube befördert zu werden. Wer kann seinen Kindern oder Enkelkindern heute noch ruhigen Gewissens erzählen, dass der Himmel nur rot ist, weil die Engel Kekse backen?
Im Fernsehen gibt es kaum noch Werbeblöcke ohne Schokoladen Weihnachtsmänner, Parfüme oder 1,2 3 Meins. Es wird angepriesen und verschachert was das Zeug hält. Und gleichzeitig suggeriert, wer jetzt nicht kauft, kommt zu spät.
Ich sehe ja ein. Das Weihnachtsgeschäft ist für den Einzelhandel, wie Weihnachten und Pfingsten an einem Tag. Wer hier die Zeit verpennt hat im Januar das Nachsehen. Der Rubel muss rollen. Aber bitteschön, warum denn jedes Jahr früher? Neulich kam meine Tochter doch tatsächlich mit einem Paket Spekulatius nach Hause und auch der Ruf nach Christstollen mit Marzipan wurde vehement lauter.
Und ich frage mich jedes Jahr aufs Neue. Will ich mich diesem Zwang beugen oder boykottiere ich einfach bis zum 1. Advent alles Weihnachtliche? Meine erste Eingebung ist das Verweigern. Wie ein trotziges Kind gehe ich durch die Regale und schaue weder auf die bunte Palette an Weihnachtskeksen noch auf die angebotenen Weihnachtsdekorationsartikel. Und jedes Jahr stelle ich fest, dass es immer schwieriger wird nicht nachzugeben. Das ist so wie mit Smart Phone und Facebook. Hast du weder das eine noch das andere gehörst du irgendwie nicht dazu. (Zu mindestens Ersteres besitze ich immer noch nicht) Man muss schon ziemlich stark und abgebrüht bleiben, um sich diesem Zwang nicht zu beugen. Selbst meine Freundin hat schon einen bunten Teller mit den ersten weihnachtlichen Naschereien auf ihrem Tisch stehen.
Kurz um. Es fällt mir immer schwerer mich an meine selbst auferlegte Regel zu halten. Und so ertappe ich mich dabei, wie ich am Sonntag bepackt mit Moos-Grün, künstlichem Schnee und den aus dem Keller geholten Tannenzapfen emsig meinen Gartentisch vorweihnachtlich dekoriere. Um es perfekt zu machen habe ich noch ein paar grün und rötlich schimmernde herbstliche und weihnachtliche Glasteelichthalter dazu gestellt. Als mein Mann sah, wie ich da herumwirbelte, kam prompt von ihm ein erstauntes“ So früh dieses Jahr?“
Mensch fühlte ich mich ertappt. So als hätte ich heimlich aus der Bonboniere einen Lutscher gemopst. Dabei handelte es sich lediglich nur um billigen vorweihnachtlichen Tamtam. Dennoch die Weihnachtskekse, die wie zufällig am Samstag in meinem Einkaufwagen landeten - weiß Gott wie die da hin kamen - hab ich zum Kaffee doch etwas beschämt in die hintere Ecke meines Küchenschrankes zurückgelegt.
Nur nicht alles auf einem Mal………. Veränderungen brauchen Zeit und ich will ja nicht, dass mein Mann auf die Idee kommt, dass ich meinen Prinzipien untreu werden könnte.
Bis zum 1.Advent sind es immerhin noch vier ganze Wochen
In diesem Sinne
Herzlichst eure Lilo