Lilo David 

Ihre Reise kann beginnen 

Gleichberechtigung! Doch am Ende nur ein Trugschluss?

 Natürlich darf ich , als Kolumnisten nicht alle Themen und Bereiche meines täglichen Lebens  und schon gar nicht über Mitglieder meiner Familie oder meines Freundeskreises schreiben. Das will ich auch gar nicht. Schlussendlich ist dieser Raum öffentlich und meine Kolumne erfreut sich einer konstanten Leserschaft, was mich wiederum freut. Dennoch gibt  es eine Sache, über die ich einfach schreiben muss, weil sie so unglaublich ist und mich gleichzeitig fragen lässt, wie steht es eigentlich, heute im 21.  Jahrhundert, mit der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau? Gibt es wirklich keine Unterschiede mehr? Werden wir wirklich jederzeit und in allen Bereichen gleich behandelt oder ist das nur ein riesengroßer Schwindel und wir möchten nur daran glauben, dass es so ist?

Nun, ich glaube, dass wir heute, in manchen Bereichen, ebenso weit von Gleichberechtigung entfernt sind, wie unsere Mütter und Großmütter. Nehmen wir nur Mal die Bezahlung. Noch immer ist es üblich, dass Frauen grundsätzlich und für die gleiche Arbeit weniger Lohn erhalten, als ihre männlichen Kollegen. Das ist Fakt. Ebenso ist es Fakt, dass die Einstellungsgespräche bei Männern und Frauen sich in einigen Fragen grundlegend unterscheiden.  Auch, wenn es die meisten Arbeitgeber gerne abstreiten würden. Ehrlich, ich kenne keinen Mann, der jemals bei einem Vorstellungsgespräch nach seinem zukünftigen Kinderwunsch gefragt wurde! Ob ein Mann sich irgendwann für Familie entscheidet, ist den meisten Arbeitgebern völlig schnuppe. Wozu sich auch damit beschäftigen, da es in 99 % aller Fälle doch keine Auswirkung auf sein berufliches  Engagement haben wird. Moment mal, höre ich Sie jetzt einwerfen. Aber, wie sieht es mit den vielen Männern aus, die heutzutage Erziehungsurlaub nehmen? Wer glaubt, dass der Prozentanteil von Männern, die sich nach der Geburt ihres Kindes eine Auszeit nehmen höher als 20 % liegt und die eingereichte Zeit mehr als zwei Monate beträgt, der irrt gewaltig. Noch immer obliegt es der Frau sich zu entscheiden und den sportlichen akrobatischen Balanceakt zwischen Beruf und Kind meisterlich zu schaffen. Was für  Frauen als selbstverständlich angesehen wird, wird den Männern hoch angerechnet. Als vor einigen Monaten, in unserem weitläufigen Bekanntenkreis, sich ein Neu- Vater dazu entschlossen hatte für den Zeitraum von 6 Monaten zu Hause zu bleiben und sich um das Kind zu kümmern, da ging quasi ein Jubelschrei durch den Freundeskreis. Es gab kaum jemanden, der diese Entscheidung nicht mit einem „ wow“ oder „ wie toll“ oder, mit einem „ das finde ich großartig“ kommentiert hatte.  Ich würde gerne mal erleben, dass Mütter mit Jubel und Begeisterungsrufen für ihre Entscheidung zu Hause zu bleiben und beruflich zurückzustecken belohnt werden.  Die Frage, was  bitteschön,  so großartig daran ist, wenn der Vater des Kindes ebenso Verantwortung zeigt und sein berufliches Engagement etwas auf Eis legt, scheint mir aktueller als jemals zuvor zu sein.  Ich meine, es müsste doch heute möglich sein, ganz andere und vielleicht gleichberechtigte Lösungen anzubieten, sodass  sowohl Männer als Frauen keine beruflichen Einbußen zu fürchten haben!

 Die Realität sieht jedoch anders aus. Noch immer sind es die Frauen die beruflich auf der Strecke bleiben, sich mit weit weniger zufriedengeben müssen, als sie eigentlich an Qualifikation aufweisen oder sich irgendwann und trotz guter Ausbildung als Teilzeitkraft an einer Supermarktkasse wiederfinden. Nichts gegen Supermarktkassen. Ich habe selbst einige Jahre als Kassiererin gearbeitet. Dennoch stinkt es zum Himmel! Daran ändert auch nichts die neue Kindergartenpolitik, die sowieso ihre Lücken aufweist. Haben Sie mal versucht heute einen Kindergartenplatz zu ergattern? Das ist beinah so, wie Lottospielen mit sechs Richtigen.  Die Wartelisten sind lang und wer sein Kind nicht gleich, sozusagen sofort nach der Zeugung angemeldet hat oder, es sogar wagt von einer Stadt in eine andere zu ziehen, hat leider das Nachsehen. Die Zeche dafür zahlt niemand geringeres als die Frau. So sieht es aus, ob wir es wahrhaben wollen oder nicht.

Was jedoch aber wirklich dem Fass den Boden ausschlägt ist der gesellschaftliche Unterschied zwischen alleinerziehenden Müttern und Vätern. Einer alleinerziehenden Mutter hängt seltsamerweise und das ohne ersichtlichen Grund immer noch ein Makel an und stellt sie auf eine soziale Stufe, wo sie meiner Ansicht nach überhaupt nicht hingehört. Hingegen man einen alleinerziehenden Vater größten Respekt und Anerkennung zollt und ihn für das, was er tut bewundert. Selbst das Recht auf Trennung wird den meisten Frauen aberkannt und nicht selten folgen Sätze wie „ kannst du es nicht nochmal versuchen „ oder „ ein Kind braucht seinen Vater, überlege es dir doch nochmal“.  Alles gehört und erlebt in den letzten Monaten, seit sich meine Tochter von ihrem Mann getrennt hat.  Natürlich ist es nicht einfach. Das bestreitet auch niemand. Aber es wird nicht dadurch leichter, indem man es Frauen, die sich aus welchen Gründen auch immer für eine Trennung entscheiden so maßlos schwer macht.  Männer hingegen wird auf die Schulter geklopft und ihnen für ihre Entscheidung sich aus einer unglücklichen Beziehung zu lösen gratuliert.

 Man begegnet Ungleichbehandlung zwischen den Geschlechtern, wohin man auch blickt. Man muss nur genau hinsehen und man entdeckt so viele gesellschaftliche Unterschiede, dass einem übel davon werden kann und man sprachlos dasteht und sich fragt: << was ist mit unserer Gesellschaft los, wo ist die Gleichberechtigung geblieben und wieso gibt es nach allen Jahrzehnten des Kampfes und der Mühen in den meisten Köpfen noch immer diese Unterschiede? <<  

Neulich kam mein Mann nachhause und berichtete mir von einer Arbeitskollegin, dessen Sohn, gerade mal 23 Jahre alt, sich zum neuen Jahr eine wundervolle Wohnung gemietet hat. Obwohl er jung ist, noch nicht viel verdient und nach Abzug der Miete nicht viel  im Monat übrig bleibt, scheint er ein geeigneter Kandidat für den Wohnungsmarkt zu sein. Mich macht so etwas wütend, weil wir seit Monaten eine bezahlbare Wohnung für unsere Tochter mit Kind suchen und immer wieder auf Widerständen stoßen, die ich im 21. Jahrhundert für nicht möglich gehalten habe.

Bei zwei Vermietern ist sie als alleinerziehende Mutter gleich durchs Raster gefallen. Das Risiko wäre zu hoch und man kann sich ja nicht sicher sein, ob die Miete immer pünktlich kommt. Hallo! Geht’s noch. Die betreffende Person, um die es hier geht ist, eine studierte junge intelligente Frau über dreißig, die einen Job, wenn auch nur 30 Stunden pro Woche,  in der mittleren Führungsebene hat. Ein monatliches Gehalt ist also gesichert. Bei den sozial geförderten Wohnungen in und um unsere Heimatstadt kommt sie für eine Vergabe nicht infrage. Die Begründung ist lächerlich.  Als alleinerziehende Mutter zählt,  sie nicht zu dem Personenkreis der bei der Vergabe für die sozial geförderten Wohnungen infrage kommt, da diese Wohnungen nur an Familien vergeben werden. Mutter mit Kind zählt also für die Behörden demnach nicht als Familie. Ehrlich, bei der Aussage musste ich erst mal tief einatmen und schlucken.

  Neulich dachten wir schon, wir hätten Glück und würden endlich eine Wohnung ergattern. Eine nette Wohnung, die für eine Person bezahlbar ist und mitnichten irgendwelchen Luxus aufweist.  Und dann, in der Höhe unserer Euphorie wurden wir hart und mit einem Knall auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht.  Man würde sie gerne berücksichtigen, aber es wäre dem Vermieter sehr viel wohler, immerhin, so als alleinerziehende ………., wenn vielleicht mein Mann, also ihr Vater, die Wohnung mieten könnte.  Ehrlich, wir wussten nicht, ob wir lachen oder weinen sollten. Ich glaube kaum, dass einer meiner Söhne, wenn alleinerziehend, mit derartigen Widerständen zu rechnen hätten.

Am Ende entschieden wir uns die ganze Sache dann doch mit Humor zu nehmen.  Was bleibt uns auch anderes übrig!  Wie meinte,  meine Tochter  << dann frag ich halt wieder Papi und wer weiß, vielleicht brauch ich auch bald wieder seine Einverständniserklärung, um länger als bis Mitternacht auszugehen<<

Es liest sich amüsant und dennoch ist es 2018 in manchen Bereichen nicht besser als anno dazumal.

Wir,  in der westlichen Welt, schauen mit Entsetzen auf die arabische Welt ( was auch manchmal vonnöten ist)  und schütteln unsere Köpfe, wenn wir lesen, dass es dort für Frauen erst jetzt möglich ist ganz offiziell Auto zu fahren. Wir rümpfen die Nase über andere Kulturen und halten unsere Gesellschaft für gleichberechtigt. Doch, wenn man genauer schaut, sind wir nicht mal einen Steinwurf davon entfernt es ihnen in manchen Bereichen gleichzutun. Gleichberechtigung findet statt. Aber nicht überall, nicht in allen Bereichen und schon gar nicht in allen Köpfen. Es liegt an uns es zu ändern.

 

In diesem Sinne

Herzlichst eure / ihre Lilo David.

 

 

 

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