Hilfe, ich bin nicht fotogen, oder, wenn man stets schaut wie ein Mondkalb.
Die Feierlichkeiten sind vorüber, der Stress vergessen, ein wenig spürt man noch leichte Wehmut über das was nicht mehr ist und freut sich auf wunderschöne Bilder, die dann hoffentlich all das Schöne und Wundervolle ein Leben lang auf Zelluloid gebannt festhalten. Und dann kommt der Moment, dem du entgegenfiebert hast. Die ersten Bilder sind da und dein Herz vollführt einen kurzen, kaum spürbaren Sprung, nämlich bis zu dem Augenblick, wo du schwarz auf weiß, oder in schillernden bunten Farben das Ergebnis siehst. Ernüchternd und manchmal sogar mit einer leichten Enttäuschung stellst du fest, dass alle wahnsinnig toll auf den Fotos aussehen, nur du guckst mal wieder wie ein Mondkalb. Ernüchternd musst du selber zugeben, dass dein Gesicht einfach nicht gemacht ist, um auf Bildern festgehalten zu werden. Entweder schaust du aus der Wäsche wie Mister Magoo,, das sind die Bilder, auf denen du zusammengekniffene Augen hast und trotzdem versuchst zu lächeln, oder, du hast die Augen geschlossen, so als würdest du gerade in dem Moment, als die Kamera klick macht ins Reich der Träume abdriften, oder, was noch viel schlimmer ist, du siehst aus , als hätte man dir eine Zitrone in den Mund geschoben. Dazu stehst du wie auf dem Boden angenagelt, hattest womöglich deine Arme unnatürlich zur Seite verschränkt und zu allem Überdruss sitzt das Kleid, das eigentlich wunderschön aussieht, als würde es nicht zu dir passen. Kurz um. Alle sehen aus wie aus dem Modejournal, nur du nicht. Und als ob das nicht reichen würden entdeckst du unter deinen Augen Ringe, die da einfach nicht hingehören, um deinen Mundwinkel zarte, wenn auch klitzekleine Fältchen und stellst fest, dass dein Gesicht allmählich aussieht, wie das eines Mops, was durchaus daran liegen kann, dass deine Wangen herunterhängen und lauthals nach einem Lifting rufen. Nein. Ehrlich. Ich mag mich auf Fotos ganz und gar nicht leiden. Und dennoch kommt man einfach nicht drum herum. Und mal ehrlich. Man macht es ja auch gerne und hofft natürlich immer irgendwie, dass wenigstens ein Bild gelungen ist. Das ist heute nicht anders als früher.
In meinen Fotoalben und Kisten besitze ich zahlreiche Bilder, die genau das Bestätigen, was ich immer wieder denke. Du bist nicht fotogen. Dabei weiß ich gar nicht warum das so ist. Eigentlich kann ich mich noch sehen lassen und in Natura mach ich hin und wieder auch wirklich noch eine gute Figur. Aber auf Bildern sehe ich einfach unnatürlich, schrecklich, oder manchmal auch albern und grotesk aus. Ich frage mich immer, ob es nur an mir liegt, oder an denen die fotografieren? Im Zweifelsfall natürlich an mir. Die Fotografen können nichts dafür, wenn man selber aussieht wie ein Mondkalb auf Erden.
Aber es ist schon eigenartig. Sobald es heißt“ Wir wollen noch Fotos machen“ oder „ bleib mal stehen für eine Aufnahme“ klopft mein Herz und ich habe das Gefühl, als wäre es jetzt an der Zeit den Schauplatz klamm heimlich zu verlassen. Während sich die anderen nett aufstellen und auf den Ruf „ Jetzt sagen wir mal alle Cheese“ sofort und augenblicklich reagieren, muss ich mich erst mal innerlich sammeln. Das dauert meistenteils so lange, bis die Kamera drei, viermal klick gemacht hat, und die Bilder im Kasten sind. Bis ich also überhaupt dazu komme, mich darauf einzustellen ist schon alles wieder vorbei. Kein Wunder also, dass die meisten Bilder zum Fürchten sind.
Eine Zeit lang hatte ich gedacht, wenn ich in die Offensive gehe und von vornherein jeden, der auch nur den Wunsch äußert von mir und womöglich anderen zusammen ein Foto zu schießen schon zu Beginn sage, dass ich absolut nicht fotogen bin und ich ja nicht mitbekommen darf, wann das Foto gemacht wird, nur dann sehe ich natürlich aus, dass dann automatisch auch schönere Bilder dabei rauskommen. Ein guter Plan, der allerdings selten wirklich funktioniert.
Entweder kriegt man zu hören „ Ach, bei mir sieht jeder auf Fotos gut aus „ oder, du musst nur lächeln, wenn ich das Kommando dazu gebe „ Allerdings sieht man den Fotos weder den ersten noch den zweiten guten Rat an.
Manche Menschen können auf Kommando lachen und sehen einfach fantastisch aus, wenn man von Ihnen Bilder macht. Sie spielen geradezu mit der Kamera , machen sie zu ihrem Objekt und gehen spielend mit allen fotografischen Situationen um. Ich spiele auch. Allerdings beschränkt sich meine Fähigkeit auf Canasta, Mau Mau und Mensch ärgere Dich nicht. Andere sehen gut aus, weil man sie in einem Augenblick erwischt, wo sie aus vollem Herzen lachen und schon deshalb ein Bild am Ende gut aussehen lassen. Zur letzten Kategorie, dazu zähle ich eindeutig, sind diejenigen, die man einfach nicht ablichten sollte. Schade, um jedes Foto, denn sie verschwinden augenblicklich in Kartons und somit in der Versenkung.
Neulich hatte ich die glorreiche Idee mich für Fotos fit zu machen. Selbstporträts via Handy. Das hätte ich lieber sein lassen. Ich sage nur. „ Gruselkabinett des Dr. Mabuse „. Natürlich hab ich sofort und augenblicklich alle Selfies gelöscht. Wer weiß, wer sie per Zufall sonst sieht oder findet. Wobei, seit gestern habe ich einen neuen Trick. Im Handy einfach die Zeitspanne bis zum selbst auslösen auf 10 Sekunden stellen. Somit hat man zu mindestens etwas Zeit , um sich" Gesicht-technisch" auf das gefürchtete " klick " einzustellen. Großartig!
Es ist halt wie es ist. Mondkälber gibt es überall. Und wäre die Welt ohne sie nicht ein Stück ärmer? Immerhin führen sie dazu, dass man über sonst ganz einfache Fotos niemals so wunderbar lachen könnte, andere würden niemals feststellen, dass sie fotogener sind, als gedacht und für manche Erinnerungen sind wir Mondkälber eine kolossale Bereicherung. Wer denkt nicht gerne an solche Aufnahmen zurück, wo Oma, Mutter, Vater, Bruder Schwester, Onkel, Tante, Cousine mit grotesker Mine, O- Beinen, einem Bauch als wäre man im sechsten Monat schwanger, Hänge-lidern, oder einem Zitronen-lächeln und Pausbacken dastehen und aus einem sonst schönen Foto einen klasse Schnappschuss machen.
Alleine das beruhigt mich ungemein……… und abgesehen davon. Ist der erste Schock erst einmal überwunden kann man später auch herrlich über sich lachen.
Die nächste Feier kann gerne kommen und der Fotograf auch.
In diesem Sinne
Herzlichst eure Lilo