Internet verbindet oder, was hab ich eigentlich früher getan?
Mal Hand auf Herz, gehören Sie auch zu denjenigen, die gerne im Internet surfen? Ich schon und das mit wachsender Begeisterung. Es vergeht beinah kein Tag , an dem ich nicht auf meiner Lieblingsplattform herum surfe und mich mit so vielen anderen Menschen austausche, wie ich es früher höchstens und wirklich nur höchst selten beim wöchentlichen Einkauf getan habe, nämlich immer dann, wenn man gleich mehrere Nachbarn getroffen hat. Aber es ist auch zu herrlich. Wo sonst kann man ungeniert Lästern, über den letzten Tatort palavern, sich geheimen und nicht geheimen Gruppen anschließen und so wunder herrlich nach allem stöbern, was das Herz begehrt. Mal ganz abgesehen davon, dass das Internet unerschöpfliche neue Möglichkeiten bietet, um seinen Horizont zu erweitern, oder ganz profan dazu dient gesucht und gefunden zu werden. Früher musste ich ellenlange Briefe schreiben, zur Post gehen und hoffen, dass meine herzlichen Grüße auch per Luftpost zugestellt werden. Heute schalte ich meinen Zauberkasten an und schon bin ich mit der ganzen Welt verbunden. Meiner Cousine in Übersee und mich freut es ungemein, wie höchst unkompliziert unsere Kommunikation heutzutage geworden ist. Per Mausklick bin ich sozusagen beinah direkt in ihrem Wohnzimmer zu Gast und kann direkt sehen, ob ihr mein Weihnachtsgeschenk zusagt, ob ihre neue Frisur sitzt und das auch bei Wind und Regen und, ob es ihren Lieben gut geht. Also, das Internet bildet ungemein und ist eine nicht mehr wegzudenkende Verbindung zu allen möglichen Bereichen. Packt mich der Wissensdurst, zum Beispiel während ich gemütlich auf meinem heimischen Sofa sitze , weil ich mal wieder einer meiner Lieblingsbeschäftigungen nachgehe und mir eine Dokumentation über früheren Zeiten ansehe, mit Vorliebe geschichtliche Dokumentationen, so kann ich mich beruhigt auf mein Smartphone verlassen. Dank seiner Internetfähigkeit bin ich in kürzester Zeit mit dem WWW verbunden und schließe meine Wissenslücken mit Wikipedia. Zwickt es mich in meinem rechten Bein und ich möchte wissen warum, so bemühe ich einfach Seiten wie „ Gute Frage „ oder Netdoc.. Für mögliche Nebenwirkungen wird jedoch keine Garantie gegeben. Ja, das Internet ist das Fenster zur Außenwelt und manchmal ein „ guter Freund“. Wir zwei, also das Internet und ich sind eine lebenslange Beziehung eingegangen, in der jeder auf seiner Art dafür sorgt, dass es wunderbar funktioniert. Und das Gute daran ist, es gibt weder Streitigkeiten noch irgendwelche anderen Differenzen. Wir mögen uns, so wie wir sind.
Früher musste ich mich ellenlang erklären, warum ich zu den 2 % der Frauen gehöre die das Telefonieren verabscheut. Nein, Sie lesen nicht falsch. Ich mag nicht telefonieren! Sie meinen, das gibt es nicht? Oh doch, und wie es das gibt. Ich finde nichts schrecklicher als stundenlang mit meinen Ohren an einem Hörer zu kleben, bis mir die Sinne schwinden und meinem Mund Fusseln gewachsen sind. Da lobe ich mir doch das Internet. Gute Freunde wissen mittlerweile, dass ich via Mail, Account und Whats up zu erreichen bin und es klappt wunderbar. Und manchmal passiert dank Internet beinah so etwas wie ein Wunder. Neulich erreicht mich über mein Account, bei der beliebtesten Plattform eine Freundschaftsanfrage von einer Person, mit der ich vor über 25 Jahren sehr gut befreundet war. Wir hatten uns einfach aus den Augen verloren. Ist so etwas nicht einfach nur schön? Mal ehrlich. Ohne FB hätten wir uns nie wiedergefunden. Also, bitte nicht immer alles gleich verteufeln. Natürlich will ich gar nicht verhehlen, dass das Internet auch seine Tücken hat.
Von schwarzen Löchern sind wir dort gottlob verschont. Aber was ist mit Trojanern, die womöglich all meine Daten für immer und ewig vernichten und dann wären da auch noch die zahlreichen Spinner und falschen Fünfziger, die auf allen möglichen Plattformen unterwegs sind. Ganz zu schweigen von den Gefahren auf diversen Ratgebern mit falschem Rat aufs Glatteis geführt zu werden und, oder ganz einfach die falschen Emojis bei Unterhaltungen via Whats up , oder unter den Kommentaren der Postings von Freunden und Bekannten. Neulich erst hat mich ein Mitglied in unserer geheimen Geheimgruppe darauf aufmerksam gemacht, dass mein Emoji für etwas ganz anderes steht, als das was ich angenommen hatte. Meine Güte, da versende ich seit Monaten diesen Smiley von dem ich annahm es würde ein Augenzwinkern andeuten und dabei hab ich Freunden und Bekannten ja selbst Familienmitgliedern sozusagen eine Einladung zum Beischlaf gesendet. Hui, was für ein Irrtum. Ja, man muss schon aufpassen und nicht immer gleich mit den Fingerchen drücken und posten.
Ich will auch gar nicht abstreiten, dass diese Spielerei manchmal auch die Kommunikation mit meinem Angetrauten beim abendlichen Fernsehschauen erschwert. Während sich mein Mann hingebungsvoll dem Krimi widmet, um ja nichts zu verpassen, sitze ich manchmal auf dem Sofa neben ihm und beantworte eine Whats up Nachricht nach der anderen. Selbstredend bekomme ich weder etwas vom Krimi mit noch kann mich währenddessen oder hinterher mit ihm darüber unterhalten. Meistenteils löchere ich ihn bis er mir meine Wissenslücken in Puncto „ Wieso ist die denn jetzt umgebracht worden, verstehe ich nicht?“ schließt. Mein Mann nervt es und das vollkommen zu Recht.
Es ist nicht das Internet, oder die Fähigkeit deines Smartphone das dich von Hamburg bis nach Shanghai ununterbrochen verbindet. Es sind auch nicht die vielfältigen Möglichkeiten, die uns heutzutage diese technischen Errungenschaften bieten. Es ist schlicht und ergreifend unser Umgang damit. Was lassen wir zu und wie viel Zeit widmen wir diesen Spielereien sind Fragen, die sich jeder selber stellen und beantworten sollte. Sind wir modernen und Technik verwöhnte Menschen überhaupt noch in der Lage darauf zu verzichten? Ich hab keine Antwort darauf und muss mir selbst gepflegt an meine Nase fassen und zugeben, dass ich viel zu oft Smartphone und Co benutze.
Back to the roots heißt hier das Motto und sich öfter auf die Zeit besinnen , wo wir all das noch nicht gehabt haben. Ich weiß es klingt verrückt. Aber, wie wäre es also, wenn wir alle einfach mal öfter unser Smartphone ausstellen, den heimischen Computer herunterfahren und uns bei einer Unterhaltung mal wieder so richtig in die Augen sehen und uns Zeit für einander nehmen und das ohne Einschränkungen und dem gierigen Blick auf das Handy.
Früher ging es doch auch und mal ehrlich, hat uns wirklich etwas gefehlt? Nein! Natürlich nicht, weil wir die freie Zeit dazu genutzt haben uns mit anderen Dingen zu beschäftigen. Wann hatten Sie zum letzten Mal ein Buch vor der Nase, wann ein wirklich intensives vier Augen Gespräch und wann hatten sie wirklich das letzte Mal die Ruhe und Gelassenheit einfach so auf dem Sofa zu sitzen und nichts zu tun? Meistenteils liegt das Handy griffbereit vor uns auf dem Tisch und macht uns zu seiner Geisel. Und funktioniert das Internet nicht und der Computer hat seine Macken kreisen unsere Gedanken Stunde um Stunde darum, wie wir diesen Kasten wieder in Gange kriegen.
Wir lassen es schlichtweg einfach viel zu oft zu, dass das Internet und unser Smartphone den Takt angeben. Ja, wir halten es sogar mittlerweile für gesellschaftsfähig und absolut normal, wenn jemand ständig und überall telefoniert oder im Internet surft. Wenn jeder auch nur ein klein wenig mehr darüber nachdenken würde und sein Verhalten ändert, dann würde es nämlich nicht passieren, dass eine Freundin während eines Treffens unter alten Freundinnen einfach aufsteht sich zurückzieht und lieber mit jemanden telefoniert, als sich mit denen zu unterhalten, die ganz real und lebendig neben ihr sitzen und man würde auch auf den Straßen seltener Menschen erblicken, die mit ihrem Gesicht hinter einem Handy verborgen bleiben , oder sich brabbelnd durch die Stadt bewegen, weil sie , anstatt sich auf andere Dinge zu konzentrieren, lieber mit Gott und der Welt telefonieren.
Die technischen Möglichkeiten heute sind unübertroffen gut, keine Frage, aber bitteschön alles zu seiner Zeit. Und wissen Sie was? Auch ich werde mich künftig mehr auf das besinnen, was mir früher wichtig war. Beim nächsten Krimi werde ich einfach mitfiebern und all die Whats up Nachrichten zum Teufel scheren, ich werde nicht wie ein Tiger im Dickicht drauf warten, dass mir eine neue Nachricht angezeigt wird und ich werde meinen Computer hin und wieder einfach mit Nichtachtung strafen. Nein. Ich will kein Geisel mehr sein.
Sie glauben mir nicht? Nun, abwarten und Tee trinken und wie immer werde ich ihnen in einer meiner nächsten Kolumnen davon berichten, ob es geklappt hat.
Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
In diesem Sinne
Herzlichst ihre Lilo