Lilo David 

Ihre Reise kann beginnen 

Nichts zu schenken, ist auch keine Lösung oder, wie ich die Sache mit dem Schenken sehe.

<< Hey, hey, wieder, wie im letzten Jahr, kleine und nicht so viele Geschenke? << mit dieser Nachricht meldete sich mein Sohn letzte Woche im Family- Chat. Dass, diese Frage bei uns Beteiligten allerdings nicht nur ein kleines Schmunzeln, sondern beinah eine Lachsalve auslöste, können natürlich nur wir, die Familie wissen.

 Tja, seit Jahren wollen wir uns eigentlich keine großen Geschenke mehr machen und, weil wir es uns jedes Jahr erneut vornehmen und leider ebenso oft an unseren guten Vorsätzen scheitern, bedarf es dann doch die eine oder andere vorherige Erinnerung. Auch in diesem Jahr wollen wir es wieder versuchen und ganz sicher, werden unsere Absichten, wie jedes Jahr von bester und ehrlichster Natur sein. Nur am Ende, wenn wir dann nach leckerem Kuchen und der einen oder anderen wohltuenden Tasse Kaffee glückselig um den Tannenbaum herum sitzen, stellen wir wieder und das nicht mal so erstaunt fest, dass unser Vorhaben, unser Willen es in diesem Jahr anders, als in all den anderen Jahren zu machen, mal wieder gescheitert ist.

Finde ich das schlimm? Nein! Ganz und gar nicht. Weihnachten ohne Geschenke ist, wie Ostern ohne Ostereier, ein Sommer ohne Sonne und Berge ohne Schnee. Für mich und meine Familie  gehört es einfach dazu! Dabei müssen es gar keine übertriebenen Präsente sein. Etwas mit Liebe und Bedacht ausgesuchtes hat manchmal eine viel größere Wirkung, als die teuerste Stereoanlage, die goldigste Kette oder der oftmals überteuerte Musical - Besuch. Klar, sagen immer mehr Menschen << was sollen wir uns noch schenken oder Geschenke müssen nicht sein. Nur für die Kinder<<. Und ich frage mich jedes Mal, was wirklich dahinter steckt? Selbstredend ist, sich nichts zu schenken, die preisgünstigere aber auch bequemste Lösung. Sich keine Gedanken darüberzumachen, worüber sich der Sohn, die Tochter, der Neffe oder Ehepartner freut, schafft zu mindestens keinen gedanklichen Wirrwarr und schont das eigene Portemonnaie. Aber es raubt auch in gewisser Weise die Vorfreude und dieses unbeschreibliche und dann doch aufregende Gefühl unterm Weihnachtsbaum. Anderen etwas zu schenken, also wirklich darüber nachzudenken, worüber sich der Beschenkte freut, setzt Beobachtungsgabe und Empathie voraus. Etwas, wofür wir in der heute so ach schnelllebigen Welt kaum noch Zeit finden.

Dabei tragen wir alle doch im Laufe eines Jahres den einen oder anderen Wunsch mit uns herum. Manchmal sagt man ihn laut, manchmal eher so leise, dass ihn kaum einer hören kann. Aber sie sind da, die kleinen Wünsche. Man muss nur genau hinschauen und hinhören. Eine kluge Frau hat mir, als ich so ungefähr 12 Jahre alt war, auf meine Frage, was ich denn meinem Vater zu Weihnachten schenken könnte geantwortet: << kauf nicht mit deinen Augen- kaufe mit denen des Beschenkten. Überlege, worüber er sich freuen könnte. <<. Ehrlich, damals fand ich diese Antwort ziemlich verwirrend. Aber irgendwann leuchtete es mir ein. Nicht, was ich schön finde, sondern, was der andere sich insgeheim wünscht oder was seinem Wesen entspricht, ist passend.

 Warum also kein Sammelbuch mit Gedichten von Rilke kaufen, wenn man weiß, dass der eigene Mann Gedichte mag? Und warum nicht der eigenen Tochter die, für einen selber absolut hässliche Obstschale kaufen, wenn man weiß, dass diese seit Wochen immer wieder mit  leicht verklärtem Gesicht angesehen wird und nur deshalb im Regal stehen bleibt, weil sie schlichtweg zu teuer ist? Selbstredend, sind Geschenke kein Mittel zum Zweck und, was sie auf keinen Fall sein sollten, eine unangenehme Pflicht. Aber, bei so manchen Äußerungen und Einwänden, die man jedes Jahr aufs Neue hört, bekomme ich genau diesen Eindruck. Es ist Weihnachten – also muss ich schenken. Nein! Anders herum wird ein Schuh daraus. Ist es nicht viel schöner, wenn man sagt, << es ist Weihnachten- ich darf schenken! <<

Selbstredend mag es Gründe dagegen geben und letztendlich muss auch jeder für sich entscheiden, was er will und ob er schenken möchte. Und ganz sicher können tausende Muttis ebenso wie ich von Geschichten erzählen, die dem Schenken das Fürchten gelehrt haben. Einer unserer Söhne überraschte uns einmal mit einem Wunschzettel, der eher einer exakten Regieanweisung glich, als alles andere.

 „Haupteingang, dann links, am Ende stehen an der Wand die Regale mit den Spielen. Nicht das mit dem blauen Rand- nur die neueste Version von W.O.W, kostet 69.99 Euro“. Und in kleiner und kaum leserlicher Schrift stand am Ende noch der Zusatz darunter „hoffe, es ist nicht zu teuer“.  

 Natürlich ist das ernüchternd, wenig romantisch und auf keinen Fall erbaulich. Mein Sohn hätte sich auch ebenso gut dieses Computerspiel alleine kaufen können. Und es nervte mich auch über Jahre, dass ich wie tausend andere Muttis von Geschäft zu Geschäft laufen musste, um das Barbie – Mobil doch noch zu ergattern oder das Piratenschiff von Playmobil. Ja, ich stand sogar mal auf einer Warteliste und wusste bis drei Tage vor dem Fest nicht, ob ich zu den Glücklichen gehöre oder nicht. Die Art und Weise, wie wir dann zu dem ersehnten Geschenk kamen, schlug schon ein wenig dem Fass den Boden aus. Nach dem erlösenden Anruf, dass wir doch noch eine dieser begehrten Babypuppen kaufen konnten, hatten wir genau zwei Stunden Zeit, um in die Innenstadt zu fahren und dieses vermaledeite Geschenk abzuholen. Ohne meinen Vater hätte es höchstwahrscheinlich bittere kindliche Tränen unterm Weihnachtsbaum gegeben. Und ja, es ist auch schon passiert, dass ich mit den Geschenken meiner Tochter, als sie im Teenager- Alter war absolut daneben gelegen habe. Aber trotz all dessen ist mir nie der Sinn gekommen deshalb das Schenken zu Weihnachten einzustauben und abzuschaffen.

Nein! Ich bleibe dabei. Weihnachten ohne Geschenke ist kalter Budenzauber. Ich schenke einfach gerne und erfreue mich beinah mit kindlicher Freude daran, wenn neben weihnachtlicher Musik auch das Rascheln von Weihnachtspapier zu hören ist. Erst dann ist für mich wirklich Weihnachten.

„ Mach anderen eine Freude und du wirst erfahren das Freude, freut“ steht auf einer Seite meines alten Poesiealbums. Und so ist es auch. Geschenke sollen erfreuen, sie sollen denjenigen, die man beschenkt unmissverständlich sagen: << Hey, ich denke an dich, ich mag dich, ich hab dich lieb – du bist mir wichtig! <<

 Mal ehrlich, wenn schon der eigentliche christliche Hintergrund des Weihnachtsfestes immer mehr in Vergessenheit geraten ist, Tannenbäume immer früher Einzug ins Wohnzimmer gewährt wird und man zusehends den Eindruck gewinnt, dass Weihnachten mehr zu einem riesengroßen Volksfest mutiert und seine Ursprünglichkeit verliert, sollte man dann nicht wenigstens an diesem alten und schönen Ritual festhalten?

Ich denke schon und am Ende wird man feststellen, dass der Spruch aus meinem Poesiealbum die einzige wahre Botschaft ist.

Schenken und beschenkt zu werden macht glücklich, es schenkt einem ein unbeschreibliches Gefühl von Zuneigung und Verbundenheit. Und letztendlich freut sich jeder, über das eine oder andere kleine Geschenk. Selbst dann, wenn man salopp behauptet, es nicht zu tun oder es für unwichtig erachtet.

In diesem Sinne

Herzlichst eure Lilo

 

       

 

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