Rauchen Sie noch oder dampfen Sie schon?
Ist, wie ich finde eine berechtigte Frage. Was früher das Eukalyptusbonbon gegen die Sucht war, ist heute der Dampfer. Man kann ihn mittlerweile in verschiedenen Größen, Formen und Farben kaufen. An passendem Liquid gibt es alles, was man sich als tabakentwöhnender Raucher nur wünschen kann. Von süßlichem Himbeer- Mint über fruchtige Zitronen – Melisse bis hin zum rauchigen Whiskey Geschmack gibt es geschmacklich kaum noch Grenzen. Natürlich ist der Dampfer umstritten. Manche sagen es ist ein wahres Teufelszeug und noch schlimmer als das Rauchen. Andere hingegen halten es für eine wirklich gute Alternative zum herkömmlichen Rauchen und eine Chance für diejenigen, die ohne kalten Entzug vom Glimmstängel wegkommen möchten. Viele meiner Freunde sind in den letzten Monaten aufs Dampfen umgestiegen. Bei einigen hab ich zwar eher das Gefühl sie halten anstatt eines Dampfers eher einen Kleinkraftwagen in ihren Händen, aber nichtsdestotrotz scheint es gut zu funktionieren.
Warum schreibe ich heute darüber? Weil ich zu den Noch- Rauchern gehöre, eigentlich gerne aus den bekannten gesundheitlichen Gründen aufhören möchte und dennoch nicht den Arsch in der Hose habe, es einfach sein zu lassen. Ja, ja, mag der eine oder andere gerade sagen. Was ist daran so schwer? Um es kurz auf den Punkt zu bringen--- alles…. !
Wer wie ich ein Kind der sechziger ist, hatte kaum die Chance kein Raucher zu werden. Damals, in den Siebzigern, als ich den Kinderschuhen sozusagen entwachsen und als Teenager auf direktem Weg hin zum Erwachsensein war, galt es als normal zu rauchen. Die Wenigen, die es nicht taten, waren schwindend gering. Aufklärungssendungen und der erhobene Zeigefinger – Fehlanzeige.
Reklame mit direkter Aufforderung war allgegenwärtig. Ebenso , wie es überall noch möglich war ungeniert und hemmungslos zu rauchen, wo auch immer man sich befand. Jeder kannte den Cowboy auf schwarzem Hengst, der der Sonne entgegen reitet und bei einer Marlboro sich so herrlich frei fühlt. Über das kleine HB – Männchen, das sich ständig aufregte und erst dann zur Ruhe kam, wenn es sich mit einer Zigarette so richtig gemütlich gemacht hatte, haben wir herzlich gelacht. Wir gingen meilenweit für eine Camel Filter und hielten den Duft von Peter Stuyvesand für den Duft der weiten Welt. Werbung im Fernsehen auf Litfaßsäulen und im Kino waren kein Angriff auf die Gesundheit, sondern gut gemachte Unterhaltung, Freiheit und Lebensqualität inklusive. Niemand musste sich rechtfertigen und schon gar nicht für seine Sucht schämen. Ein Paradies für jeden Raucher!
Natürlich taten wir Jugendlichen es den Erwachsenen gleich. Waren unsere schönsten, lustigsten und tollsten Stunden nicht die, die wir schwatzend, mit einem Glimmstängel in geselliger Runde vor der Schule verbracht haben? Was fühlten wir uns erwachsen und cool! Kam man dann noch wie ich, aus einer reinen Raucherfamilie und meine Familie war sehr groß, war es noch schwerer sich diesem Sog zu entziehen. Heimlich hat man mit, vierzehn und fünfzehn versteckt in Hauseingängen und Büschen eine verqualmt. Ab sechzehn war es eh erlaubt und dann gab es meistenteils auch kein Halten mehr. Nicht, dass wir uns falsch verstehen. Dies soll beileibe keine Entschuldigung für mangelnde Disziplin sein. In den letzten 40 Jahren hatte ich genug Zeit mir das Rauchen abzugewöhnen. Aber genau da liegt der Hund begraben. Ich finde nämlich immer wieder tausend gute Gründe es nicht zu tun.
Da wäre zum einen die nicht ganz unwichtige Tatsache, dass ich eigentlich gerne rauche. Hab ich immer getan. Es gibt für einen Raucher nichts Schöneres, als nach einem guten Essen oder, bei einem Glas Wein unter Freunden eine zu paffen. Manchmal holt uns so ein Glimmstängel sogar ziemlich rasch vom Baum runter, auf den wir voller Rage Kopflos gestiegen sind. Nicht ganz unerheblich ist auch der Umstand, dass man ja leider ein paar Pfunde mehr auf den Hüften bekommt, wenn man mit dem Laster aufhört. Von gelegentlichen reizbaren Wutanfällen und einer inneren Unruhe, die man durchaus mit einem frontal Angriff einer ganze Bataillon Ameisen vergleichen kann mal ganz abgesehen. Und, um es gleich vorweg zu nehmen. Ich möchte weder ein paar Kilos zu viel haben, ja nicht mal für ein paar Wochen, bis sich alles eingespielt hat, noch möchte ich nervös und grantig sein. Ich erwarte nicht, dass das auch nur ein einziger Nichtraucher versteht. Aber mit dem Spruch, << dann höre doch endlich einfach auf<< ist es nicht getan und leicht schon mal gar nicht.
Was hab ich in den letzten Jahrzehnten nicht alles versucht. Von Nikotinpflaster über Kaugummi bis hin zur Akupunktur hab ich alles ausprobiert. Geschafft habe ich es jedoch nie! Doch, einmal ist es mir gelungen mich vom Glimmstängel zu befreien. Ach Gott, was war ich da jung. Aber vor allen Dingen frisch verliebt und gehörte mit meinen drei Raucherjahren längst noch nicht zu den Langzeitabhängigen. Nach drei wundervollen Urlaubswochen brachte ich damals nicht nur eindrucksvolle Bilder von Land und Leute mit, sondern auch ungefähr 10 Kilo mehr auf meinen sonst schlanken Hüften. Vielleicht hätte ich damals einfach etwas geduldiger sein müssen. Aber als ungeduldiger Mensch und als solcher würde ich mich glatt bezeichnen, hatte ich für Geduldsspiele keine Zeit. Die Pfunde mussten runter, und zwar schnell! Was half da besser als hin und wieder doch mal eine zu paffen. Dass, es nicht bei einer gelegentlichen Zigarette blieb, lag auf der Hand. Und, dass die Zigaretten mit den Jahren auch immer teurer wurden und mittlerweile ein kleines Vermögen kosten, hat mich auch nie davon abgehalten. Selbst nicht, als ich mich, wie alle anderen Rauchen , über eine erneute Verteuerung aufregte und geschworen hatte, wenn die über vier Euro kosten höre ich auf. Mittlerweile sind sie auf dem Preislevel einer Kinokarte angekommen und ich rauche nimmer noch!
Wohlgemeinte und nette Ratschläge von Nichtrauchern und Gesundheitsapostel hasse ich wie die Pest und vom Rauchen abgehalten, haben die mich schon mal gar nicht. Im Gegenteil sogar. Je mehr darüber gewettert wurde, desto mehr hatte ich Lust mir eine anzustecken und provokativ – lustvoll mich meiner Sucht hinzugeben. Noch schlimmer, als Nichtraucher sind jedoch die, die es endlich geschafft haben. Meine Theorie besteht ja darin, dass die Neu – Nichtraucher viel zu viel Angst vor der eigenen Courage haben und uns Rauchern deshalb mit guten Ratschlägen nerven und die Zigarette verteufeln, weil sie befürchten wieder anzufangen. Bei solchen Unterhaltungen schalte ich auf stur und stecke mir erst recht eine an. Blöd – ja ich weiß. Aber schlussendlich behaupte ich auch nicht immer und überall klug und Weise zu sein.
Es ist ja nicht so, dass wir Raucher nicht wissen, dass das Rauchen ungesund ist. Also, ich kenne keine Raucher, die behaupten würden, sich mit seiner Sucht gute Dienste zu tun. Aber mit der Sucht ist es halt so eine Sache. Sie ist ein Monster und Disziplin eine Kür. Beides muss man lernen zu beherrschen, um seiner Sucht die kalte Schnauze zu zeigen. Asche über mein Haupt. Aber meine Disziplin lässt hier leider zu wünschen übrig und, mit dem Monster scheine ich mich in all den Jahren ziemlich gut arrangiert zu haben. Ja, beinah sind wir schon so etwas wie lang vertraute Freunde.
Sagen Sie einem Alkoholiker, dass sein nächster Schluck seine noch letzten lebenden Gehirnzellen endgültig vernebeln wird und es ihm seine Leber garantiert nicht dankt. Er wird trotzdem zur Flasche greifen und solange trinken, bis er die Engel im Himmel singen hört. Einem übergewichtigem Menschen kann man auch nicht mit Vernunft und Argumenten kommen. Ihm ist es zwar nicht schnuppe, ob Schokolade, Chips und Co noch dicker machen und trotzdem wird er weiter essen und essen bis er womöglich eines schönen Tages aus allen Nähten platzt.
Wäre die Sucht nämlich keine Sucht würde man ja nicht süchtig sein oder?
Ja, es ist schon ein Dilemma, in dem ich mich befinde. Einerseits würde ich gerne aufhören, andererseits fürchte ich mich maßlos davor, wenn ich es tue, mich zu einem rollenden, murrenden, übellaunigen und Schokoladen futternden Zeitgenossen zu verwandeln. Aber verdammt noch eins – ich will neunzig werden und habe mir fest vorgenommen auf der Hochzeit meines Enkels wenigstens einen rasanten und schwungvollen Walzer mit ihm zu tanzen. Guter Rat ist da wie immer teuer!
Eine Freundin, die sich vor Jahren das Rauchen abgewöhnt hatte, meinte neulich, << du musst warten bis es bei dir klick macht<< ehrlich, so viel Geduld, um auf das klickende Geräusch meiner Synapsen zu warten, hab ich einfach nicht. Nicht nur, dass es bei mir schnell gehen muss und am besten ohne Kribbeln, Entzugserscheinungen, Fressattacken und diesem Himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt sein, scheine ich höchstwahrscheinlich auch noch taub oder zu mindestens schwerhörig zu sein. Bislang konnte ich weder in meiner rechten noch linken Gehirnhälfte auch nur irgendein klickendes Geräusch vernehmen und auch mein Gewissen hat noch nie lauter, als im Flüsterton zu mir gesprochen.
Aber nun scheinen ja himmlische Zeiten für Raucher angebrochen zu sein. Das neue Zauberwort heißt DAMPFEN! Anstatt vernebelt von rauchigem Tabakrauch, ist die Welt nun geschwängert mit dem Duft nach Minze, Erdbeere, Holunder und Zitrone. Die Zeiten, wo wir Raucher bei Wind und Wetter reuig wie ein Hund draußen vor der Tür stehen, sind damit zwar nicht vorbei, aber zu mindestens hat man beim Dampfen kein schlechtes Gewissen mehr. Und, was ich nie für möglich gehalten hätte, manchmal erhält man sogar freundliche und anerkennende Blicke von militanten Nichtrauchern, die sich so ganz und gar an den wohlriechenden Duft nicht mehr stören. Eine friedvolle Koexistenz ist also möglich!
Ja! Auch ich bin stolze Neubesitzerin eines solchen Wunderapparates. Mein Dampfer liegt gut in der Hand, ist nicht schwer und hat die Farbe eines sonnendurchfluteten Ozeans. Blau, wie die Hoffnung, Weisheit und Ruhe! Ich bin zwar mit meinem Gerät noch nicht eins geworden und trauere meinen Glimmstängeln schon noch nach, aber Rom ist schließlich auch nicht an einem Tag erbaut. Für manche Projekte braucht es eben ein wenig mehr Geduld und Ausdauer. Gut, dass ich mit dem Dampfen nicht alleine bin. Die anfänglichen Hustenanfälle sollen laut Hersteller übrigens nach ein paar Tagen auch vergehen. Nach der Umstellung ist alles ganz einfach und mit der Zeit werden sie ihren Dampfer jeder Zigaretten den Vorzug geben, stand zu lesen.
Na dann--- auf zu neuen Ufern und einem Tabak freien Leben.
Ob ich es wirklich schaffe? Wir werden sehen! Noch bin ich voller Motivation und festen Willen beseelt. Aber ich wäre nicht ich, wenn ich mir nicht doch so eine kleine winzige Hintertür offen halten würde. In meiner Küchenschublade legen noch gefühlte zwanzig Feuerzeuge und eine funkelnagelneue Packung Zigaretten- natürlich nur die ganz leichten.
Frau kann ja nie wissen und, wissen Sie was? Manchmal macht Tabakrauchen einfach nur genussvolle Freude und ich freue mich halt gern!
In diesem Sinne…
Herzlichst ihre / eure Lilo.