Spontanität und Veränderung ist nichts für ängstliche Menschen und warum ich das etwas anders sehe.
Klar, gibt es Menschen, die spontan sind. Meine Freundin ist so eine Person. Stillstand, ewig das Gleiche und keine Veränderungen sind Ihr zuwider. Sie liebt Spontanität und mag auch Veränderungen. Das macht Ihr Leben bunter, sagt Sie. Ich mag weder das eine noch das andere.
Für mich ist das vollkommen in Ordnung. Und dennoch stecke ich und das ziemlich ungewollt häufiger in einem Dilemma. Wer von mir spontan erwartet, abends mit ins Kino zu gehen oder etwas anderes zu tun oder, meinen ganzen Tag für eine spontane Entscheidung umzustoßen, muss damit rechnen eine Absage zu erhalten, weil ich ein Mensch bin, der für derartige Aktionen einen gewissen zeitlichen Vorlauf braucht. Es ist keine Panik, die mich in diesem Moment befällt und doch kommt das Gefühl dem sehr nahe. Ich habe jedes Mal das Empfinden, einen lieben Menschen enttäuscht zu haben und gleichzeitig schwanke ich zwischen schlechten Gewissen und dem Gefühl meiner eigenen Sicherheit gerecht geworden zu sein. Und das ist ein verdammt mieses Gefühl!
<< Spontanität muss wohlüberlegt sein<< schrieb einst der italienische Schriftsteller, Claudio Michele Mancini. Und die deutsche Autorin und Alltagsphilosophin, Ute Lauterbach , schrieb dazu einen , wie ich finde ebenso wohlüberlegten Satz. Sie sagte nämlich<< in der Spontanität ist kein Platz für Angst<<.
Bin ich also ein ängstlicher Mensch? In gewissem Sinne schon! Spontanität setzt eine gewisse Bereitschaft voraus, sich auf Unbekanntes einzulassen und die gewohnten Pfade zu verlassen. Wie die meisten Menschen habe aber ich auch gelernt, dass Regeln Sicherheit geben. Durchbreche ich diese Regeln und lasse mich auf Unvorhergesehenes ein, kann ich damit, wie vielleicht viele andere Menschen, nicht adäquat umgehen. Um Spontan zu sein, muss ich meine eigenen Pläne, wie immer sie auch ausgesehen haben mögen, loslassen und mich auf ungewohntes Terrain begeben. Das ist, wie ich finde, schon eine Art Herausforderung, der ich und das gebe ich zu, nicht immer gewachsen bin und auch nicht sein möchte.
Eine Freundin meinte neulich, nicht ohne einen gewissen vorwurfsvollen Tonfall << man muss bei dir ja immer mindestens eine Woche vorher anrufen, damit du mitkommst<<. Richtig. Wie heißt es so schön? << wenn man mir früh genug Bescheid gibt, kann ich auch spontan sein<<. Was ja nichts anderes bedeutet, als, dass ich genügend Vorlauf brauche, um mögliche Veränderungen oder Aktivitäten, in mein vorhandenes Leben und meiner Lebensplanung einzubauen, ohne mich spontan als Spielverderber und ewiger Neinsager zu outen. Für mich ist ein festes Konstrukt, eine kontinuierliche Struktur, an der ich mich halten kann wichtig, Ich brauche beides, um gut zu funktionieren und nicht hektisch zu werden. Etwas, was mancher nicht verstehen mag oder nicht kann.
In einem Artikel, den ich neulich per Zufall fand, stand über die Fähigkeit Spontan zu sein sinngemäß folgendes.
Jemand, der es schafft seinem Leben Raum für Spontanität zu geben, handelt zwar oft planlos, lebt aber trotzdem nicht planlos. Er hat gelernt, ein Gleichgewicht zwischen den eigenen Plänen und spontanen Handlungen herzustellen. Ist also in seinen Entscheidungen nicht festgefahren und gibt sich selbst den Raum und die Möglichkeit, sein Leben mit neuen Impulsen zu bereichern und vielleicht sogar neue Wege zu finden, um glücklich und zufrieden zu sein.
Wer Ja sagt und Spontanität und Veränderungen zulässt, bleibt neugierig und gewinnt mit einem Ja unter Umständen tolle Erfahrungen hinzu. Unser Ja, ist somit die Voraussetzung für Spontanität. Allerdings muss ein Ja auch ein Ja bedeuten. Es darf keineswegs mit einem << ja, aber…< verbunden sein, denn dies ist gleichzusetzen mit einem Nein.
Ja zu sagen, ist für mich jedoch eher wie ein Sprung ins kalte Wasser. Natürlich kann ich schwimmen, aber, um ehrlich zu sein, schwimme ich gerne in mir bekannten Gewässern und lasse mich ungern auf das Ungewisse ein.
Für mich stellt ein Nein, nicht unbedingt die Unfähigkeit zur Neugierde da. Natürlich biete ich in gewisser Weise, wenn auch eher planmäßig, meiner natürlichen Neugierde, Raum und Zeit. Es tut mir gut, wenn ich mich darauf vorbereiten kann. Mein inneres Seelenheil ist vollkommen zufrieden damit, sich nicht hektisch für etwas entscheiden zu müssen, was ich eigentlich gar nicht will. Das Gefühl, etwas zu versäumen oder, mein Leben nicht richtig zu leben, habe ich nicht. Es ist ja nicht so, dass mein Leben keine Veränderungen erfährt. Manche davon sind geplant und gewollt, andere ereilen mich eher unvorhergesehen. Insofern ist die Frage erlaubt, ob wir, die Spontanität und Veränderungen nicht so viel abgewinnen können, denn dann wirklich zu den ängstlichen Menschen gehören, oder doch eher zu denen, die ganz genau wissen, was sie wollen und was nicht?
Ich halte mich nun mal gerne an feste Strukturen und mag es, wenn sich meine kleine Welt nicht allzu großen Veränderungen hingibt. Das gibt mir Sicherheit! Und die wiederum gibt mir Kraft meinen Alltag, mit all seinen Unwegsamkeiten und Widrigkeiten gut zu überstehen.
<< Die Welt gehört denen, die zu ihrer Eroberung ausziehen, bewaffnet mit Sicherheit und guter Laune<< schrieb Charles Dickens einmal und spricht mir damit voll aus dem Herzen. Ich lasse mir weder das eine noch das andere nehmen, weder von klugen Ratschlägen, noch von kritischen Untertönen und erst Recht nicht von selbsternannten Lebenscoach, die laut tönend verkünden, dass nur diejenigen Freude und Lust am Leben empfinden, die Spontanität und Veränderungen positiv begegnen.
In diesem Sinne
Herzlichst eure Lilo