Von Werbung für Frauen und Frauenmagazine, oder, warum mir beides gehörig auf den Senkel geht.
Deutsche Frauen sind dick, ungelenk, unsportlich, faltig, besitzen kein schönes Haar und sind obendrein anscheinend auch noch inkontinent.
Sie halten das für ein Gerücht. Ich allerdings auch! Wobei, glaubt man der Werbung wird es wohl so sein. Welchen Grund sollte es sonst haben, dass uns Frauen auf allen Kanälen, zu jeder Tageszeit und obendrein auch noch in allen Printmedien suggeriert wird: Werdet schlank, gut aussehend, jünger, faltenfrei, sportlich, aber vor allen Dingen unten herum trocken.
Von früh bis spät flattern uns sportliche, gutaussehende, faltenfreie und lächelnde Werbedamen ins Haus. Egal, ob im Fernsehen , oder in den sogenannten Frauenzeitschriften. Beide Medien nehmen sich aufopferungsvoll und selbstredend völlig wertfrei dieser Themen an. Ganz besonders die Zeitschriften. Hier werden zusätzlich zur vorhandenen Werbung gleich noch ganze Seiten mit neuen Diätvorschlägen für eine noch schlankere Linie, der schnellen Morgengymnastik vor der Arbeit und Pflegetipps für Haut und Haar gefüllt. Natürlich ist Werbung nicht mehr wegzudenken und ganz ohne wird es nicht mehr gehen. Schlussendlich möchten jeder Hersteller seine Produkte an die Frau bringen. Und ich gebe auch gerne zu, dass sehr viele der holden Weiblichkeiten sich anscheinend nur für diese Themen interessiert. Dennoch reicht`s mir ehrlich gesagt. Und, um es mit deutlichen Worten auszudrücken: Die Werbung und die Themenauswahl für Frauen gehen mir gehörig auf den Sack! Auch, wenn ich nicht im Besitz eines solchen bin!
Klar, Werbung ist die größte Geldeinnahmequelle und kein Sender kann ohne Werbung langfristig existieren. Auch der Absatz von Frauenzeitschriften hat in den letzten Jahren enorm zugelegt. Die Auswahl an Frauenmagazinen lässt einem den Atem stocken, ja beinah erschlägt sie einen sogar. Mit den Millionen, die damit verdient werden, könnte man womöglich ganze Kleinstädte ernähren. Aber, wenn schon Werbung und Frauenzeitschriften, warum dann keine mit mehr Esprit und Innovation! Es gibt Werbung, wo es Spaß macht hinzusehen. Das haben zu genüge namenhafte Werbemacher bewiesen. Da braucht man sich nur die preisgekrönte Werberolle von Cannes anzusehen. Und es gibt auch Frauenmagazine, wenn auch sehr wenige, die mutig genug sind sich anderen Themen anzunehmen als dem sonstigen Einheitsbrei. Doch die meisten sind meilenweit davon entfernt. Hierzulande besitzen Werbung und Frauenmagazine eher einen negativen und beinah schon übereifrigen und belehrbaren Touch. Warum ständig das Negative: Du bist zu fett, du hast Falten, dein Haar hat Spliss, deine Cellulitis ist unattraktiv, du musst sportlicher sein , jünger, attraktiver, schöner, besser , einfach perfekt. In einer perfekten Welt nur das Perfekte. Aber unsere Welt ist nicht perfekt! Das Leben ist nicht perfekt , aber vor allen Dingen sind wir Menschen nicht perfekt. Was also ist einzuwenden gegen natürliche Unvollkommenheit. Wir sollten sie nicht verteufeln, sondern als etwas Liebenswertes , Unverwechselbares und Schönes ansehen.
Was wäre also , wenn anstelle der negativen Werbung ein Spott laufen würde, in dem man Falten und vielleicht das eine oder andere Pfund zuviel auf den Rippen nicht als etwas Negatives darstellt , sondern deutlich macht, dass beides zum Leben dazugehört und, dass man sich trotzdem attraktiv und schön empfinden kann. Wenn Magazine sich dadurch auszeichnen würden, dass sie sich mit den sogenannten Frauenthemen einmal ganz anders auseinander setzen oder, sich sogar Themen widmen, die sich nicht mit den gängigen Klischees beschäftigen und beliebig austauschbar sind. Wäre das etwa die redaktionelle Revolution oder Innovation und würden Verlage damit ein Risiko eingehen? Ich glaube nicht. Es wäre endlich mal erfrischend und den heutigen Frauen angemessen.
Wer über fünfzig ist, den kann man nicht mehr als jung bezeichnen. Dennoch kann man sich jung fühlen und zwar jeden Tag seines Lebens. Doch mit den Werbebotschaften und Berichten in soundso vielen Magazinen hab ich eher das Gefühl, als müssten wir uns für jede Falte, für jedes graue Haar, für jede Delle an Bauch, Beine und Po und für jede noch so kleine Speckrolle entschuldigen und ein schlechtes Gewissen haben. Und damit es jüngeren Generationen später nicht genauso ergeht , wird denen gleich von Anbeginn ihres Verfalldatums genügend Hilfsmittel mit auf den Weg gegeben, damit sie auch mit siebzig aussehen wie eine knackig , junge, sportliche und überaus attraktive Zwanzigjährige.
Selbstredend ist man sein eigener Herr und kann Werbung abschalten. Kann man das wirklich? Die meisten nutzen Werbepausen dazu um aufs stille Örtchen zu gehen. Aber Herrgott noch eins. Soviel kann ich gar nicht trinken, dass ich alle zwanzig Minuten aufs Klo muss. Also, die eine oder andere Werbung wird konsumiert, ob man will oder nicht. Und selbst dann, wenn ich kein oder kaum fernsehe werde ich ungewollt mit Werbung bombardiert. Das beginnt morgens, wenn ich an der Bushaltestelle stehe, oder mit der Bahn fahre. In jedem Bahnhof sind heute Großbildschirme zu finden, die einen die Wartezeit auf die nächste Bahn verkürzen sollen. Was Zeitschriften angeht. Ja, da habe ich eine andere Entscheidungsgewalt . Niemand zwingt mich irgendein Frauenmagazin zu kaufen und dennoch gibt es durchaus Situationen da wird man zwangsweise dann doch mit ihnen konfrontiert. Wer zwei Stunden im Wartezimmer seines Arztes sitzt, wird irgendwann zur Zeitschrift greifen. Beliebt sind auch die kurzen Blätteraktionen beim Friseur. Also, so ganz davon befreien wird sich niemand können. Und will ich das überhaupt? Nein, warum auch. Wie gesagt, manche Werbung und mancher Bericht, in den bunten Magazinen finde ich sogar gut. Die Frage ist, warum lasse ich mich darüber aus? Nun, die Erklärung ist ziemlich einfach, weil ich finde, dass durch Werbung und vielen Frauenmagazinen ein völlig falsches Frauenbild entsteht und die Macht beider Medien unterschätzt wird. Frauen haben mehr im Hirn als nur die paar Themen und ob man(n) es glaubt, oder nicht. Wir interessieren uns für mehr als nur für unsere Schönheit, ein gutes Aussehen und ein faltenfreies Leben.
Natürlich gab es Zeiten da hab auch ich mir die Traummaße 90-60-90, ein Meter lange Beine, schmale Hüften und langes, seidiges blondes Haar gewünscht. Aber die Natur hat mir und hunderttausend anderen Frauen nun mal eine andere Figur und Aussehen verpasst. Bedeutet das jedoch, dass ich mich ständig damit beschäftigen muss? Nein, verdammt nochmal! Von Männern wird es doch auch nicht erwartet. Werbung und Frauenmagazine scheinen dies jedoch zu glauben. Sie zielen ganz gekonnt und mit allen listigen Mitteln darauf ab, dass wir uns irgendwann dann doch damit beschäftigen und sei es auch nur dadurch, dass der Blick in den Spiegel prüfender ausfällt, oder Frau sich beim Kleiderkauf die lästige Frage stellt: „ Vielleicht hätte ich doch die neue Kohl-Diät , das 12 Stunden Non-Stopp- Sportprogramm, oder die Faltencreme XYZ ausprobieren sollen. Was Frau sich in jahrelanger Kleinarbeit an Selbstbewusstsein aufgebaut hat, schafft Werbung und mancher Bericht binnen ein paar Minuten über den Haufen zu werfen. Dass es Menschen gibt, die gut und gerne ein paar Pfunde weniger haben könnten , denen ein wenig Sport weit aus gut tun würde und, die vielleicht hier und da ein wenig Starthilfe in Sachen Aussehen benötigen, will ich ja gar nicht abstreiten. Doch, was seit Jahren zunehmend auf unseren Bildschirmen an Werbung für Frauen gesendet und in Frauenzeitschriften als Aufmacher, an die Frau gebracht wird, halte ich für bedenklich.
Beides suggeriert Frauen , egal welchen Alters, fehlerfrei sein müssen um sich gut und schön zu finden. Sie protzen mit Werbung und Hochglanzreportagen für ein besseres Aussehen und vergessen dabei, dass Aussehen keine Frage des Geldbeutels , oder des richtigen Produktes ist, sondern etwas , was uns von der Natur aus mit auf den Weg gegeben wurde und das Erkrankungen, wie Blasenschwäche nicht mal eben kurzerhand mit der Wahl der richtigen Slip -Vorlage aus der Welt geschafft werden kann sondern, man sich tunlichst deshalb mit dem Arzt seines Vertrauens unterhalten sollte.
Nein. Ich hab grundsätzlich nichts gegen Werbung und auch nichts gegen Frauenmagazine. Beides kann von Nutzen sein, nämlich dann, wenn ich mich für ein neues Produkt interessiere, mich informieren möchte, welcher Modetrend im nächsten Jahr up to Date ist , oder ich mich ganz einfach der Welt von bunten Hochglanzbildchen hingeben möchte.
Werbung und Frauenmagazine haben Macht. Und wie mit jeder Macht geht auch hier eine Verpflichtung einher, nämlich die, sorgfältig mit dieser Macht umzugehen . Werbung und Magazine dürfen diese Macht nicht zusehends missbrauchen und wissentlich mithelfen den Jugendwahn auf perfider Art zu unterstützen und junge Mädchen und gestandene Frauen dazu zu bringen sich auf Model-Maße herunter zu hungern, oder sich auf den Op- Tischen zahlreicher Schönheitschirurgen wiederzufinden.
In diesem Sinne
Herzlichst eure / ihre Lilo