Von Zeitverträgen - oder prüfe wer sich ewig bindet
Meine Freundinnen und ich sind ein toller Haufen. Einmal in der Woche wird sich getroffen. Immer reihum, und immer mit guter Laune. Erst hauen wir uns den Bauch mit Kaffee, Brötchen oder anderen Leckereien voll und dann kommt der Sekt. Immer eisgekühlt , nie zu wenig , aber auch nie zu viel. Wir wissen eben was gut ist. Logisch wird die ganze Zeit gequatscht. Der Volksmund sagt ja: „ Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude und geteilte Angst ist Massenhysterie“ Wobei ich anmerken möchte, dass wir nie aber auch niemals hysterisch werden. Wir tragen unsere Befindlichkeiten mit damenhafter Würde. Immerhin sind wir vier gestandene Frauen, die zusammengenommen genügend Lebensweisheit haben, um die nächsten fünfzig Jahre gut zu überstehen. Da haut uns das eine oder andere Problemchen garantiert nicht aus den Schuhen. Das unser Lieblingsthema unsere Männer sind ist natürlich rein zufällig – ehrlich.
Neulich hatte die Letzte im Bunde Silberhochzeit. Unser Silber-paar reiste für ein paar Tage nach London. Auch schön. Wir ließen unsere Silberbraut beim nächsten Treffen trotzdem hochleben. Selbstredend waren wir alle neugierig, wie denn ihre Reise war und natürlich wollten wir alle Einzelheiten wissen. Freundinnen eben…….. Aber anstatt uns mit pikanten Einzelheiten zu füttern kam ein profanes „ Ach. Ihr wisst doch wie mein Männe ist“. Wissen wir das wirklich? Nein natürlich nicht. Es hätte also durchaus sein können, dass sich ihr Göttergatte ins Zeug gelegt und seiner Herzallerliebsten wild romantische Tage beschert hätte. Ich meine, so Silber-Honeymoon – Romantik –Style vom Feinsten. Aber wie heißt es so schön: „ Das Leben ist kein Wunschkonzert“. Wir anderen wussten gleich was Sache ist. Nichts mit wild romantisch , dafür Kultur pur. Von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten und abends fällt man todmüde ins Bett. Da nutze es auch nichts, dass Sie sich mit „ Es war aber trotzdem nett“ herausreden wollte. Es ist wie es ist. Der Lack ist ab. „ Nett, ist die kleine Schwester von Schei… “ konterte eine von uns und dann prusteten wir wie auf Kommando los und hielten uns vor Lachen unsere Bäuche. Es kam was kommen musste. Jeder gab seinen Senf dazu und irgendwann kam eine von uns zu dem Schluss, dass das mit dem Heiraten sowieso alles kalter Kaffee ist.“ Ist doch wahr. Am besten man macht einen Zeitvertrag“
Jetzt wurde es aber interessant. Wie Zeitvertrag. Einfach so und dann ist Schluss mit lustig? „ Ja, wieso nicht! Erstmal für zehn Jahre und wenn`s gut läuft kann man ja verlängern. Sagen wir für nochmals fünf oder zehn Jahre. Dann geben sich beide halt mehr Mühe“. Wir diskutierten eine Weile über diverse Möglichkeiten und wägten ab, was nun besser ist. Der Bund fürs Leben- auf immer und ewig, das Model - Ehe auf Zeit mit der Möglichkeit zu verlängern, oder die klassische Variante, eine Ehe mit Affäre. Am Ende waren wir uns absolut nicht einig. Jeder favorisierte sein Model. Aber ich gebe zu, es hat mich schon zum Nachdenken gebracht.
Wie wäre es denn, wenn man wirklich auf Zeit heiraten würde. Ich meine, heutzutage sind Zeitverträge ja beinah Standard. Es gibt kaum einen Bereich, wo es nicht irgendwie praktiziert wird. Angefangen hat alles mit Firmen, die sich nicht an ihre Angestellten binden wollten, oder mit Zeitverträgen ihre betriebsbedingten Kapazitäten füllen. Nur nicht verpflichtend anderen gegenüber sein. Nach Ablauf des Vertrages trennen sich halt die Wege ohne Brimborium und Firlefanz. Mittlerweile ist es chic geworden nicht nur Autos zu leasen, sondern man kann heute beinah alles auf Zeit nutzen. Wohnungen, Fahrräder, Au pair , Fahrzeuge – dank Car to go und , ob man es glaubt oder nicht, selbst Großeltern können heute nach Bedarf angemietet werden. Alles natürlich nur auf Zeit. Wenn`s nicht mehr gefällt oder genehm ist einfach abstoßen oder neu suchen.
Ja. Unsere schnelllebige Zeit birgt große Vorteile. Aber nicht minder wenige Nachtteile und Stolperfallen. Wenn man wirklich für einen Zeitraum von zehn Jahren den Bund fürs Leben schließt, wie darf ich mir dann die Trennung vorstellen. Einen Tag noch verheiratet und am nächsten geschiedenen Leute? Oh, Verzeihung. Eine Scheidung würde es dann ja auch nicht mehr geben. Das wirft natürlich die Frage auf, was die vielen Scheidungsanwälte tun würden? Stimmt. Die hätten genug mit Zeitverträgen zu tun.
Natürlich ist mir bewusst, dass sich nach wie vor mehr Ehepaare scheiden lassen, als heiraten. Aber so einer Trennung gehen doch meistenteils viele Diskussionen und Missstimmungen voraus. Und manche Paare versuchen in mehreren Anläufen zu retten, was zu retten ist, bis sie sich endgültig zu einer Trennung entscheiden. Verluste und Trauer inbegriffen. Wäre also von vornherein klar, dass man nur für einen gewissen Zeitraum Bett und Kühlschrank teilt, wäre eine Trennung dann einfacher – oder weniger problembehaftet? Und würde man sich wirklich mehr anstrengen, um dem Partner zu gefallen? Ehrlich, wage ich das zu bezweifeln.
Es mag sich in der Theorie ganz praktisch und super toll anhören. Aber im gelebten gemeinsamen Leben wäre so ein Ehe-Zeitvertrag für mich absolut lähmend. Zu wissen, dass sich mein Partner für mich nur für einen Zeitraum entscheiden kann und nicht fürs ganze Leben, denn so etwas bedeutet für mich die Heirat, und einfach so ohne Federlesen den Vertrag nicht weiter verlängert, würde mich garantiert nicht zu Höhenflügen animieren. Es würde mir verdammt auf der Seele sitzen und mich wahnsinnig verunsichern. Mir ständig die Fragen zu stellen, reicht es noch, bin ich ihm noch genug, bin ich witzig und einfallsreich genug , bin ich noch interessant und begehrenswert genug, dass es für weitere zehn Jahre reicht, wäre für mich der sichere Liebestod, bzw. Beziehungstod.
Nein. Ich möchte das man sich voll und ganz für mich entscheidet, keine faulen Kompromisse eingeht und mir das Versprechen gibt, mich auch dann zu lieben , wenn es mir mal nicht gut geht, wenn mein Lack bröckelt und ich vielleicht auch mal unausstehlich bin. Ich tue es doch auch und sage Ja ohne Wenn und Aber. Es wäre doch fürchterlich, wenn einem der Partner bei jedem Fehler die gelbe Karte zeigt. So nach dem Motto:“ Schatz, denk daran noch drei Jahre. Wenn du möchtest das ich verlängere sei lieb zu mir „.
Nee. Wenn dass das neue Ehe- Model werden würde, würde ich, wenn ich nicht schon verheiratet wäre, lieber Single bleiben. Ganz ehrlich. Ich fände es schrecklich, wenn man am Tag der Hochzeit schon an Trennung denkt. Nach wie vor bedeutet für mich das Heiraten:
Lieben und ehren in guten wie in schlechten Zeiten. Zusammen durch dick und dünn gehen und nicht alles, was der Partner tut oder sagt in die Goldwaage zu legen. Das ergibt für mich Sinn…………Wer es anders haben möchte bitteschön. Jeder nach seinem Gusto. Aber mal ehrlich. Diejenigen sollten sich lieber ein Auto leasen. Das kann Kratzer vertragen und, wenn dessen Lack alt ist erhält es einfach so, und für dessen Benutzer völlig kostenfrei, eine neue Politur.
Herzlichst eure Lilo.
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