Wie Halloween doch noch in die Rosengasse Nr. 17 kam.
Einmal im Monat fand sich die Familie bei Oma und Opa ein. Das, war beinah schon so etwas wie ein Brauch geworden. Bei leckerem Kuchen saß man um den großen Tisch herum, dazu gab es Kaffee und Tee und für die Kinder warmen und süßen Kakao. Ina, war gerne bei ihren Großeltern, besonders, wenn Opa Hans Geschichten aus vergangenen Zeiten erzählte oder sie zusammen Karten spielten. Aber meistenteils unterhielten sich die Erwachsenen über dieses und jenes. Dann zogen es Ina und ihr kleiner Bruder Tom vor, im alten Kinderzimmer ihre Mutter zu spielen. Ina, fand immer etwas, womit Sie sich die Langweile vertreiben konnte. Manchmal spielte sie mit den alten Puppen ihrer Mutter oder las Tom etwas aus einem Buch vor. Doch sehr viel öfter saß Sie vor einer alten Holzkiste, die Opa Hans vor Jahren selbst gebaut hatte und die nun gefüllt war mit allerlei Krimskrams.
Was hatte Sie da nicht schon alles gefunden? Eine alte Perlenkette ihrer Oma, zwei Broschen mit Schmetterlingsmotiven, eine alte aber noch gut erhaltene Sonnenbrille und den mittlerweile schäbigen Teddy, mit nur noch einem Auge und zwei leicht ausgefransten Ohren. Aber das Beste von alledem war, eine Art Tagebuch, auf der ihre Mutter, als sie so alt gewesen war, wie Sie heute, in Schönschrift „ Alles, was ich mag „ geschrieben hatte. Ina, fand es spannend und aufregend darin zu lesen. Hatte Ina keine Lust mehr, ging sie in die kleine Abseite, gleich neben dem Zimmer. Vollgestopft mit alter Kleidung, Schuhen, Kissen, gebrauchter Bettwäsche und manchen Kuriositäten aus vergangenen Zeiten, fand Sie immer etwas, was sie gebrauchen konnte oder einfach nur ihr Interesse weckte. Einmal hatte Ina, ihre Mama gefragt, warum Oma nur immer alles aufbewahren würde, wo Papa doch fast immer alle Sachen gleich zum Sperrmüll brachte.
<< deine Oma kann nie irgendetwas wegwerfen<< hatte Mama darauf geantwortet und Ina fand es toll, weil es nur dort Sachen zu entdecken gab, die es sonst nirgends gab. Und nun lag da eine weiße Damast Tischdecke. Oma hatte sie erst vor ein paar Tagen dort hingelegt und das, war auch gut so, denn für einen schön gedeckten Kaffeetisch, war sie nun wirklich nicht mehr zu gebrauchen. Natürlich kam Ina gleich eine Idee, was Mama damit anfangen könnte. Schon in einer Woche war Halloween und noch immer wusste Sie nicht so recht, als, was sie dieses Jahr gehen sollte. Prinzessin kam so gar nicht infrage, das war höchstens etwas für Fasching und als Hexe, wie im letzten Jahr, als sie mit ihren Freundinnen zum ersten Mal Halloween gefeiert hatte, wollte Ina nun wirklich nicht schon wieder gehen. Nein! Dieses Mal, sollte es etwas wirklich Gruseliges werden. Da kam ihr diese alte Tischdecke gerade recht.
Aufgeregt lief sie die Treppe hinunter und während Tom ihr folgte und dabei ein Geräusch machte, das sich anhörte, wie eine Mischung aus Dinosaurier und einem schnurrenden Kater, rief Ina ganz laut, sodass Sie sich auch sicher sein konnte, dass es niemand von den Erwachsenen überhören konnte << Mama, ich weiß jetzt, als was ich zum Halloween gehe<<. Kurz darauf stand sie mit roten Wangen und leuchtenden Augen vor dem großen Tisch.
Alles, war also in bester Ordnung, bis zu diesem besagten Moment, als Ina vor dem Esstisch stand und die weiße Tischdecke, wie eine Fahne, vor sich schwenkte. Tom, hatte sich still auf Mamas Schoß gesetzt, hielt seinen großen T- Rex ganz fest in seiner Hand und stibitzte heimlich, so dass es keiner merken sollte, einen der leckeren Schokoladenkekse.
<< was ist das denn?<< wollte Oma wissen und sah zu Ina.
<< eine alte Tischdecke, Oma, das sieht man doch<<
<< das, sehe ich auch Herzchen, ich meine ja auch dieses - Hallo - wie hieß es doch noch mal gleich? << . Oma machte einen so witzigen Gesichtsausdruck, dass Ina augenblicklich anfangen musste zu grinsen. Ina fand sowieso, dass ihre Oma immer lustig aussah, wenn Sie mal etwas nicht verstand und nachfragen musste.
<< H A L L O W E E N !<< Ina, sprach es dieses Mal ganz langsam aus, damit Oma auch ja das Wort nicht nochmal überhören konnte.
<< aha und dazu brauchst du das da? << dabei tippte Oma auf die Tischdecke, die Ina noch immer in ihren Händen hielt.
<< Ja und ob! << nickte Ina und sah im selben Moment, mit gespitzten Lippen und ihrem typischen bittenden Blick, dass selbst Mama, die eigentlich gar nicht gerne mit Nadel und Faden hantierte, auf keinen Fall Nein sagen konnte
<< kannst du mir daraus nicht etwas Tolles nähen? <<
Oma, die eigentlich mit der Zeit ging aber dennoch ab und an den Überblick verlor, verstand kein Wort, von dem, was Ina gerade sagte und sah sich hilfesuchend am Tisch um.
<< nun klär mich doch bitte. mal einer auf<< seufzte sie sauertöpfisch.
<< H A L L O W E E N? Ist ein Fest, zu dem man sich gruselig verkleidet, von Tür zu Tür geht und nach Süßigkeiten fragt<<, gab Bernd zur Antwort und schaute hinter der Zeitung hervor, die er sich vor gut einer viertel Stunde geschnappt hatte und seitdem so tat, als würde er lesen.
Bernd, war Omas Schwiegersohn und eigentlich mochten sich beide gerne. Nur manchmal waren sie nicht einer Meinung und dann konnte es schon mal vorkommen, dass sich Bernd hinter eine Zeitung versteckte, um nichts zu sagen, was ihm hinterher womöglich leid tun würde. Höchstwahrscheinlich hatten beide, während Ina und Tom oben im Kinderzimmer waren, mal wieder über ein Thema geredet, bei denen ihre beiden Ansichten auseinanderklafften, wie die Tiefen des Grand Canyon. Da, war es gut, dass Opa Hans immer eine Zeitung auf dem leeren Esszimmerstuhl liegen hatte<
< aha! Und, was ist das nun genau? << fragte Oma, die eigentlich Inge hieß und immer alles haargenau wissen wollte.
Bernd legte die Zeitung ordentlich gefaltet auf den Tisch, hob seinen Kopf, legte ihn leicht zur Seite, das tat er immer, wenn er keine Lust hatte etwas zu erklären, was seiner Ansicht nach gar keiner genauen Erklärung bedurfte, sah zu Marie, ihres Zeichens, nicht nur seine Frau und Mutter seiner Kinder, sondern auch einziges Kind von Inge und Hans und sah ihr direkt ins Gesicht.
Marie rollte mit den Augen. Das tat Sie wiederum immer, wenn Sie eigentlich keine Lust hatte etwas zu tun, wozu Bernd sie stillschweigend verdonnert hatte, formte ein lautloses „ immer ich“ und gab ihrer Mutter, eine kurze aber passende Erklärung. Marie wusste genau, das Inge nicht allzu viel von neuen Sachen hielt und es besser war , es bei einer kurzen Antwort zu belassen, bevor man sich erneut einer endlosen Diskussion hingab, die dann doch zu nichts führen würde
<< davon, hab ich noch nie etwas gehört! Muss das denn sein? Wir feiern ja auch nicht Thanks Giving , das Chanukka-fest oder am 6. Januar Weihnachten<<
<< also Inge, das ist doch nun etwas vollkommen anderes<< konsternierte Bernd und sah erst zu Marie dann zu Hans, der sich wie üblich aus allem heraushält und dann zu Inge, die wiederum Bernd ganz genau ansah.
<< warum? << fragte Inge und sah ihren Schwiegersohn an, als hätte er ihr geradewegs erklärt, dass Weihnachten nicht mehr gefeiert wird, weil niemand mehr an Jesus Geburt glaubt.
<< na ja, weil Chanukka das jüdische Lichterfest ist und wie du weißt, nicht zu unserem Glauben gehört, die Russen, Weihnachten seit Hunderten von Jahren immer später feiern und wir, statt dem amerikanischen Thanks Giving, unser Erntedankfest haben. Du, vergleichst mal wieder, Äpfel mit Birnen<< schloss Bernd mit einem leichten aber sichtbaren Kopfschütteln.
<< Ja, ja, aber dieses amerikanisches Fest, das können wir feiern. Meinst du das? << Inges Gesichtsfarbe war mittlerweile in ein leichtes Rot übergegangen. Sie mochte Bernd wirklich. Nur nicht dann, wenn er so oberlehrerhaft da saß und sie belehren wollte. Das hasste Inge, wie die Pest und das nicht nur bei Bernd.
<< na ja, man muss nicht. Aber es schadet auch nicht es zu feiern, zumal es ja eh ein heidnisches Fest ist<< antwortete Bernd gönnerhaft und sah damit diese Unterhaltung für beendet an. Er wusste genau das alles andere doch nur, damit enden würde, dass er sich erneut hinter seiner Zeitung verstecken würde, um eben nichts zu sagen, was er dieses Mal garantiert bedauern würde.
Inge schnaufte kurz. Ein Zeichen, dass sie ganz und gar anderer Meinung war. Inge, war nicht verbissen in ihren Ansichten. Aber hatte Sie sich erst einmal zu einer Meinung durch gerungen und das geschah eigentlich ebenso sicher, wie es Frühling, Sommer , Herbst und Winter gab, gab es kaum etwas, was sie vom Gegenteil überzeugen konnte. Das wusste Bernd, ebenso wie Marie und ganz sicher Hans, der mit seiner Inge jetzt schon 42 Jahre verheiratet war. Dass, Inge aber auch nie locker lassen konnte, war schon etwas, was Hans hin und wieder störte. Wenn, dem so war, stand er meistenteils auf, zog seine Arbeitshose an, ging in seinen Schuppen und bastelte stundenlang. Nur heute konnte er beim besten Willen das Haus nicht verlassen. Sonntägliches Kaffee trinken, war eben Kaffee trinken mit der ganzen Familie. Hans musste bleiben, ob er wollte oder nicht.
<< was heißt nicht schaden? Du und Marie habt mir doch gerade erst erklärt, dass Halloween eigentlich gar nicht zu uns gehört, demzufolge auch nicht von uns gefeiert werden muss und dazu noch ein heidnisches Fest. Findest du das richtig, wenn wir alles nachmachen und unsere christlichen Feste dabei vergessen? <<
<< nun lass mal die Kirche im Dorf Inge. Als, ob du gerade tief gläubig wärst<< konterte Bernd und sah Inge über seinen Brillenrand an.
Marie, die den beiden schweigend zugesehen hatte und nach wie die Ansicht vertrat, dass diese, wenn auch kleinen Meinungsverschiedenheiten, zwischen den beiden eher ein gemeinsamer Wettkampf war und nur der einzigen Frage diente, wer am Ende das letzte Wort behielt, hatte für heute von den beiden Streithähnen die Nase gestrichen voll. Nicht schon wieder, dachte sie und sah, mit einem Blick der keinen Widerspruch duldete erst zu Bernd und dann zu Inge, nahm Tom von ihrem Schoss, ging zur Anrichte, holte ein Kartenspiel heraus, streichelte Ina, die noch immer vor dem Tisch stand und eigentlich überhaupt nicht verstand, wieso eine alte Tischdecke zu so einem Streit führen konnte, über den Kopf, nahm ihr die Decke aus der Hand, legte sie zur Seite, deutete Ina an sich hinzusetzen , nahm ebenfalls wieder Platz, atmete tief ein und fragte dann in einem ruhigen aber durchaus bestimmenden Tonfall . << wollen wir jetzt Uno spielen oder uns weiter zanken? << .
Au ja<, rief Ina begeistert und Tom plapperte das „ Au ja „ seiner Schwester fröhlich nach und strahlte dabei, wie ein Honigkuchenpferd.
Inge zischte, wie eine Schlange kurz vor dem Angriff. Sie mochte es ganz und gar nicht, wenn man eine Unterhaltung für beendet erklärte, ohne, dass sie abschließend und für alle Zeiten ihre Meinung dazu äußern konnte. Inge behielt halt gerne das letzte Wort, wusste aber auch, wann es besser war nicht darauf zu bestehen, hob ihr Gesicht, sah erst zu Marie, dann zu den beiden Herren der Schöpfung und dann zu Ina.
<< und, was soll Mama nun mit der ollen Decke machen? <<
<< ein Kostüm, Oma, und zwar ein ganz gruseliges. Vielleicht ein Skelett, mit einer dicken Spinne auf der Schulter << antworte Ina voller Vorfreude.
<< als Skelett? Ach du meine Güte! Aber gut. Ich sage, dazu nichts mehr<<
<< ist auch besser Mama, raunte Marie ihrer Mutter zu, mischte die Karten und fragte, mit dem besten Lächeln, das Sie für diesen Tag noch übrig hatte, << können wir? <<
Es war dann doch noch ein schöner Nachmittag geworden. Oma und Bernd hatten sich rasch beruhigt und auch, wenn Bernd gleich drei Runden beim Kartenspiel verloren hatte, war er bester Laune, als man sich kurz vor 18 Uhr an der Haustür verabschiedete. Inge umarmte ihre Enkelkinder und gab, den beiden noch rasch einen Kuss auf die Wange. Eigentlich mochte Ina dieses feste an sich drücken nicht so gerne. Aber bei ihren Großeltern machte sie gerne mal eine Ausnahme und heute, da drückte sie sogar selber ganz feste zu und flüsterte ihrer Oma ins Ohr:
<< in 6 Tagen ist Halloween, vergiss ja die Süßigkeiten, die Spinnen und die Lichter an der Haustür nicht, hörst du<<!
Inge dachte überhaupt nicht daran irgendetwas für Halloween zu besorgen. Sie wollte weder Süßigkeiten kaufen noch etwas anderes und versprochen hatte sie nun wirklich niemanden etwas. Trotzig schob sie jedweden Gedanken an dieses fremde Fest beiseite. Sollten sich doch nur alle amerikanisieren lassen. Sie und Hans machten da auf keinen Fall mit, soviel stand fest.
Und dann war er da. Der Tag, für all diejenigen die es gruselig, geheimnisvoll, mystisch und gespenstisch mochten. Gegen Mittag, auf dem Weg zum Einkaufen, entdeckte Inge noch nichts von alldem. Wie auch, die Nacht des Grusels beginnt erst nach Sonnenuntergang und schleicht nicht schon am helllichten Tag durch die Gegend. Ein wenig Geduld, wehrte Dame, hätte Bernd garantiert gesagt, wenn er dagewesen wäre. Gegen halb vier schaute Inge aus dem großen Stubenfenster. Von hier aus hatte sie immer einen guten Blick auf die Straße. Aber egal, wohin sie auch sah, sie konnte weder Gespenster noch funkelndes Licht und schon gar keine laufenden Skelette sehen. Die Straße, sah aus wie immer. Ein Nachbar, den sie entfernt kannte, ging gerade mit seinem Hund spazieren und grüßte freundlich, als er Inge am Fenster stehen sah.
Da anscheinend nichts weiter passierte und Halloween ihr ja eigentlich auch gepflegt den Buckel runterrutschen konnte, ging Inge, in die Küche. Es war Zeit, den nachmittäglichen Tee aufzusetzen. Früher hatten Sie und Hans gerne noch bis spät in den Abend Kaffee getrunken. Aber seit ein oder zwei Jahren tranken sie lieber Tee. Hans meinte, es würde ihm besser bekommen und Inge hatte sich mittlerweile auch daran gewöhnt. Dazu würden sie wie immer das Spätnachmittags Programm, im Fernsehen angucken und sich später noch ein oder zwei Brote schmieren. Inge, wartete auf das Pfeifen des Kessels. Die Kanne stand gleich neben dem Wasserkocher und wartete ebenso geduldig wie Sie. Erst jetzt bemerkte sie die absolute Ruhe im Haus. Irgendwie, hatte Sie gar nicht mitbekommen, dass Hans nicht da war und dann sah sie plötzlich einen Schatten an der Küchentür. Man konnte Inge vieles nachsagen. Aber nicht das sie übermäßig neugierig war. Aber nicht zu wissen, was da draußen vor sich ging, oder, wer vielleicht ums Haus schlich, ließ ihr keine Ruhe. Also ging Sie zur Küchentür öffnete sie und sah suchend in den Garten. Doch außer der beginnenden Dunkelheit sah sie nichts und niemanden. Und dann hörte sie plötzlich ein lautes Geräusch aus dem Schuppen
<< Hans, bis du das, was machst du denn noch da draußen? << rief sie in die Dunkelheit hinein.
Es dauerte eine Weile, bis Hans antworte und hatte Inge das Gefühl, als Klänge seine Stimme etwas anstrengend, so als würde er etwas Schweres heben oder an irgendetwas arbeiten.
<< brauchst du meine Hilfe, soll ich kommen? << bot Sie sich an und dann folgte aus der hinteren Ecke im Garten ein << nein, bin gleich fertig - mach ruhig schon mal den Tee! >>
Leicht irritiert schloss Sie die Küchentür und holte zwei Teegläser vom Küchen-bord, nahm den Kessel, der längst schon mit einem lauten „ Zisch und Pfiff“ angezeigt hatte, dass sein Wasser die passende Siedetemperatur hatte und goss das heiße Wasser in die Teekanne. Der Duft von schwedischer Johannisbeere erfüllte den Raum und auf einmal war Inge so richtig warm ums Herz. Rasch, stellte Sie die beiden Gläser und die Kanne auf ein Tablett, ging ins Wohnzimmer, setzte das Tablett auf den Tisch und machte es sich auf ihrem rosafarbenen Sofa bequem und wartete auf Hans. Doch auch eine halbe Stunde später, war von ihm weder etwas zu sehen noch zu hören. Sie wollte gerade aufstehen und nachsehen, was Hans denn da so wichtiges im Schuppen tat, als Sie ein hämmerndes Geräusch an der Haustür hörte.
<< Herrgott, Hans, was machst du da eigentlich? << rief Sie, sprang auf und wollte gerade zur Tür gehen, als Hans, wie durch Zauberhand plötzlich mitten im Wohnzimmer stand. Wie er so dastand, in seinen schwarzen dicken Stiefeln, der alten Arbeitslatzhose, zwei dicken schwarzen Streifen auf den Wangen und seiner „ Prinz- Heinrich- Mütze“, die er seit Jahren, zu Ehren für Helmut Schmidt trug, musste Inge einfach lachen, ob sie wollte oder nicht.
<< was hast du denn gemacht, dass du so aussiehst? << fragte sie noch immer unter leichtem Grinsen.
<<komm, ich zeige es dir<< erwiderte Hans mit schelmischen Lächeln und seinem typischen Augenzwinkern.
Und dann blieb Inge fast die Spucke im Halse stecken. Draußen an der Haustür leuchteten gleich zwei Lichterketten um die Wette. Am großen Baum, einer alten Tanne, die direkt neben dem Haus stand, hing ein Gespenst, mit leuchtenden Augen und einem gruseligen Gesicht und, als ob das nicht schon genug gewesen wäre, baumelten gleich zwei Skelette und eine dicke Spinne, an der Hauswand. Dazu gesellte sich ein dicker großer Kürbis, mit scheußlicher Fratze, dem Hans, noch rasch eine Kerze ins Maul setzte.
<< na, was meinst du Mädchen, ist das gruselig genug für dieses Halloweeeeen? << wisperte Hans stolz und sah zu Inge, die mit offenem Mund vor der Tür stand.
Inge, wusste gar nicht, was sie sagen sollte. So baff und überrascht war Sie selten.
<< wann hast du das denn alles gemacht? <<
<< och, in den letzten Tagen. Eigentlich gleich nach dem Marie und die Kinder hier waren<<, räusperte Hans sich sichtlich verlegen. Ein bisschen Sorge, was seine Inge nun dazu sagen würde, die hatte er allerdings schon.
<< Hans, nun haben wir doch all diesen Kram <<
<< böse? << und nahm vorsichtshalber seine Inge in den Arm.
<< nein! Nur, wenn nun so gar kein Kind kommt, war deine ganze Mühe umsonst<< seufzte sie.
<< wart`s nur ab, Ingelein, wart`s, nur ab<< zwinkerte Hans und drückte sie gleich nochmals fester an seine Schulter.
Eine viertel Stunde später saß Hans gewaschen und mit sauberer Kleidung neben seiner Inge im Wohnzimmer. Der Tee, der auf einem Stövchen stand, war immer noch warm genug. Und während er genüsslich an seiner Tasse nippte, freute er sich diebisch, ob seines genialen Schachzuges. Ja, ab und an, musste man seine Inge schon mit Taten überzeugen. Und während er so darüber nachdachte, was der Abend wohl noch für Überraschungen bereithielt sah er zu Inge hinüber. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sie dasaß, wie ein Häufchen Elend.
<< was ist los, Ingelein, doch böse? <<
<< nee Hans, wirklich nicht. Ich ärgere mich bloß<<
<< ja worüber denn? <<
<< du hast alles so schön gemacht und das, obwohl ich es gar nicht wollte. All dieser Kram hängt jetzt an unserer Haustür und am Baum und, wenn wirklich Kinder kommen, ja, dann haben wir nicht mal etwas Süßes im Haus<<
<< ach, mien Seuten, du kennst doch deinen Hans, oder etwa nicht?
<< ja, schon<< nickte Inge
<< siehst mal. Nu, hab ich alles so hübsch gemacht und, da glaubst du tatsächlich ich hätte das Wichtigste vergessen? Wenn ich was mache, mach ich es richtig oder gar nicht! << erwiderte Hans, gab seiner Inge einen dicken Schmatzer auf den Mund, stand auf und ging in die Küche.
Kurz darauf kam er mit der braunen Einkaufstasche, in der Inge eigentlich immer ihre kleinen Einkäufe tat, ins Wohnzimmer zurück. Sie hatte sie schon seit Anfang der Woche vermisst und trotz Suchen nicht gefunden. Nun, wusste sie auch warum.
<< ach, da hätte ich ja lange suchen können<<
Die Tasche, war prall gefüllt mit allen Süßigkeiten, die Hans finden konnte. Mit einem verschmitztem Lächeln breitete er den Inhalt auf dem Stubentisch aus und sah stolz zu seiner Inge , die ihrerseits beim Anblick der vielen bunten Bonbons, den kleinen Schokoladentäfelchen und den lustig aussehenden Geistern leise durch ihre Lippen pfiff.
<< na, dass reicht ja bis Ostern<< strahlte sie ihren Mann an.
So ganz stimmte es dann doch nicht. Inge und Hans mussten gar nicht lange warten. Schon bald darauf schellte es unaufhörlich an der Haustür. Ein Kind nach dem anderen, mal mit Mama und Papa im Schlepptau oder als kleine Gruppe , verkleidet, in gruseligen Kostümen und mit hässlichen Fratzen, holten einen nach dem anderen Bonbon aus der braunen Einkaufstasche. Und, es waren beileibe nicht nur Ina und ihre Freundinnen, die bei Hans und Inge, einen mächtigen Eindruck hinterließen.
Spät am Abend, als aller Spuk vorüber war und Inge und Hans zufrieden in ihrem Bett lagen, nahm Inge zärtlich die Hand ihres Hans und sagte leise aber überaus zufrieden lächelnd
<< ach, das war doch ganz schön, oder? Das machen wir im nächsten Jahr wieder und dann hängen wir gleich noch zwei Gespenster mehr in den Garten und stellen noch ein paar Kürbisse mehr auf. Wenn schon denn schon <<
Hans gluckste in sich hinein, drückte seine Inge ganz fest an sich und raunte ihr leise ins Ohr.
>> Ingelein, du hast das Herz doch auf dem rechten Fleck. So machen wir es, versprochen!<<
Ende.