Petra Lies Seemann - Lilo 
Es gibt nicht Gutes, außer man tut es - und ich tue beides - singen und schreiben. 

Wie zwei Königskinder-Oder die Betrachtung aus zwei Blickwinkeln

Vorhin erst hat sie es wieder getan. Glaubt sie wirklich, ich merke nicht, wenn sich ihr Körper anspannt und ich ihr Muskelspiel fühlen kann? Sind ihr meine Umarmungen denn wirklich so unangenehm, als das sie sich straffen muss, um sie zu erdulden? Eben noch feminin, weich und beinah katzenhaft geschmeidig und im nächsten Augenblick ist sie, wie zu einer Salzsäure erstarrt. Natürlich merke ich es. Für wie dumm hält sie mich, dass sie davon ausgeht, dass mir ihre emotionale Distanziertheit nicht aufgefallen wäre? Es ist als hielte ich eine Fremde in meinen Armen. Noch vor ein paar Wochen, da hätte sie sich ganz dicht an mich geschmiegt und meine Berührungen gleichwohl zärtlich, als auch fordernd erwidert. Mein Kuss auf ihren Hals, mein zärtliches Knabbern, an ihrem Ohrläppchen, wären nicht einfach so verpufft. Nein! Sie hätte ihre schlafende Lust erweckt und sie dazu angestachelt, zu einer fauchenden und gierigen Katze zu mutieren. Doch egal, wie oft ich sie auch in den Arm nehmen- sie bleibt ungerührt. so als müsste sie sich vor irgendetwas wappnen. Sie zuckt nicht einmal mehr zusammen, wenn sich meine Hand, fester als sonst, auf ihren Nacken legt. Wenn, sie doch wenigstens ihr gewohntes Gurren von sich geben würde. Ja, dann wüsste ich zu mindestens das ihr gefällt, was ich tue. Klar, habe ich mich manchmal über dieses seltsame Gurren amüsiert und sie vielleicht auch das eine oder andere Mal deshalb aufgezogen. Aber immer nur spielerisch und nie ernsthaft. Ihr Schweigen, das sie seit ein paar Wochen gegen ihr Gurren eingetauscht hat, ist hingegen kaum auszuhalten. Ich kann es nicht mehr aushalten! Und doch bringe ich es einfach nicht fertig etwas zu sagen. Stattdessen halte ich sie fest. Selbst dann noch, wenn ich mich angesichts ihrer anscheinenden Ablehnung verletzt und hilflos fühle, weil ich jedes Mal denke, dieses Mal wird es anders sein. Und dann ist es doch genauso wie beim letzten Mal. Ich lasse sie dann immer gehen. Kann nicht anders. Soll ich sie zu etwas zwingen, was ihr anscheinend nicht mehr gefällt und, was sie offensichtlich nicht mehr will?  

Für mich ist sie im Moment schwer zu begreifen. Ich weiß, ich sollte fragen, etwas sagen, das Gespräch suchen und doch bin ich nicht sicher, ob ich wirklich hören will, was sie mir zu sagen hat. Denke mir meinen Teil und stelle, wie jeder andere Mann meine ganz eigenen Vermutungen an. Was läuft schon alles gut im Leben. Auch bei uns gab es in den letzten Monaten einige Unstimmigkeiten. Nein, kein Streit. Aber immer einer Meinung das waren wir uns nicht. Aber ich bin auch nur Mensch und demzufolge auch ab und an Egoist und vielleicht auch ein Trottel. Zu viel Arbeit, zu viel Stress, mangelnde Gelegenheit, ihre häufigen Schmerzen, die mich oftmals davon abgehalten hatten sie nach allen Regeln der Kunst zu verführen oder einfach auf dem Küchentisch zu nehmen. All das hat unserer Lust einen viel zu frühen Tod geschenkt. Manchmal, waren unsere Umarmungen, ein rascher Kuss, zwischen Tür und Angel, morgens bevor ich zur Arbeit fuhr, dass Einzige an Zärtlichkeiten. Natürlich nahm ich mir vor, mit ihr darüber zu reden und dann kam doch meistens alles wieder vollkommen anders. Zeit für uns, wirklich Zeit uns als Liebespaar neu zu finden, die hatten wir nicht und ihre Distanz machte es mir auch von Tag zu Tag schwerer.

Vielleicht wäre jetzt, wo ich hier am Türrahmen stehe und sie beobachte, wie sie im Garten Blumen pflanzt die passende Gelegenheit zu ihr zu gehen und sie zu fragen, vielleicht sollten wir uns wirklich einen Moment Zeit nehmen? Wir könnten uns auf den Stein setzen, in aller Ruhe über uns reden oder einfach auch nur miteinander schweigen, während wir einander an den Händen halten?

Ich könnte, wenn ich wollte und doch fehlt mir der Mut dazu. Ich frage mich gerade, ob sie spürt, dass ich sie ansehe, mir Gedanken mache und mich hin- und hergerissen fühle zwischen Können, wollen und müssen und es am Ende doch bleiben lasse? Nonverbale Seelenkommunikation, darüber habe ich mal etwas gelesen. Mag sein, dass es so etwas gibt, die Gedanken des Anderen spüren und im selben Moment dasselbe zu wollen? Wer kann schon sagen, was zwischen Himmel und Erde möglich ist. Und, wer weiß, vielleicht mache ich mir auch völlig unnötige Gedanken und am Ende steht rein gar nichts zwischen uns? Frauen reden doch gerne und öfter, als wir Männer, auch über das, was sie bewegt. Bislang jedoch hat sie nichts gesagt, schwieg lieber. Also, scheint wohl doch alles in Ordnung zu sein und ich bilde mir nur ein, dass irgendetwas zwischen uns steht. Wenn, sie sich jetzt zu mir umdreht, mich anlächelt so, als wäre nichts geschehen, glaube ich, dass alles gut ist. Ich könnte es nachher nochmal versuchen. Ich meine, das mit der Umarmung und wer weiß, vielleicht wird dann doch mehr daraus.

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Glaubt er wirklich, ich würde nicht merken, dass er mich beobachtet. Seit einer halben Stunde steht er am Türrahmen und sieht zu, wie ich Blumen pflanze. Ich will gar nicht, dass er mir hilft. Ich will aber auch nicht, dass er einfach nur so dasteht und mich ansieht. Es macht mich nervös und gibt mir ein schlechtes Gewissen. Mir ist auch so schon absolut klar, dass ich für ihn im Moment ein Rätsel sein muss. Aber kann ich im wirklich sagen, dass mir seine Umarmungen wehtun? Sie schmerzen nicht körperlich. Eher ganz tief im Inneren hinterlassen sie einen eigenartigen Schmerz. Was wird er denken, wenn ich es ihm so erzähle? Nein! Ich kann es nicht und dennoch weiß ich, dass ich es tun müsste. Ich bin doch nicht blind und sehe, dass ihn meine Zurückweisung verletzt. Aber jedes Mal, wenn ich etwas sagen will, verlässt mich der Mut. Wir können über alles reden nur darüber nicht. Was verdammt nochmal ist so schwer daran?

Ich tue es doch nicht aus Absicht. Es passiert einfach in dem Augenblick, wenn seine Arme mich umhüllen. Es ist jedes Mal so, als würde ich keine Luft mehr bekommen. Sein Küssen, sein Streicheln und selbst das Knabbern an meinen Ohrläppchen sind für mich eine Qual. Nicht, weil ich ihn nicht mehr liebe und seine Nähe nicht bräuchte. Es ist genau die Nähe, die meinen Körper verbrennt, als würde ich inmitten eines heißen Feuers stehen. Noch vor ein paar Monaten hätte ich völlig anders reagiert. Aber damals hatten wir auch noch regelmäßig Sex und konnten manchmal kaum voneinander lassen. Ich habe keine Ahnung, warum all das so plötzlich aufgehört hat. Natürlich hatten wir Stress, viel Arbeit und meine Schmerzen waren wieder zurückgekommen. Ihm ging es gesundheitlich auch nicht immer bestens. Aber mich deshalb gleich nicht mehr anzufassen, es jede Nacht bei einem Kuss zu belassen und sich einfach im Bett umzudrehen, hätte auch nicht sein müssen. Die Nächte, in denen ich stumm in meine Kissen geweint habe, waren einfach viel zu viel.

Er weiß doch, dass ich nie ein Vamp war und es auch nie sein werde. Anzufangen, war nie meine Stärke. Meine Art war schon immer subtiler. Er kennt mich doch schon so viele Jahre und sollte doch wissen, dass, wenn ich sage, << du fehlst mir<< ich im Grunde, damit meine<< nimm mich, schlaf mit mir << doch, was kam von ihm? Ein < ich dich auch<< als, ob das reichen würde! Natürlich hab ich mich in mein Schneckenhaus zurückgezogen und irgendwann fing ich an nichts mehr zu vermissen. Ich weiß, ich sollte viel mehr tun, als mit Worten darauf hinweisen, was ich mir im Grunde wünsche. Aber so war ich schon immer und er kennt mich doch. Es fällt mir so verdammt schwer meine Wünsche zu äußern. Neu ist das nicht. Und abgehalten mich zu verführen, hat es ihn nie. Doch seit Monaten passiert nichts außer seinen Umarmungen und davon reichlich. Das macht mich wütend und gleichzeitig tun sie so verdammt weh. Ich weiß nicht, wie ich es ihm begreiflich machen kann, dass ich seine Berührungen nicht mehr ertrage, ohne dabei seelischen Schmerz zu empfinden. Die Distanz zu ihm hat mir geholfen damit umzugehen. Ich kann einfach nicht aus meiner Haut! Manchmal wünschte ich mir, er würde mich einfach packen, mich um den Verstand ficken und sich weder von meiner spröden Art noch von meiner Reserviertheit davon abhalten lassen. Dieses ständige verständnisvolle in den Arm nehmen ertrage ich einfach nicht mehr. Um nicht zu platzen, zu schreien, aus der Haut zu fahren oder womöglich etwas ganz anderes zu tun, etwas, was ihm und mir vielleicht nicht gefallen könnte, ziehe ich mich in meinen Kokon zurück. Hier bin ich sicher vor meinen eigenen Gefühlen.

Vielleicht wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, da er am Türrahmen steht und mich dabei beobachtet, wie ich Blumen pflanze zu ihm hinzugehen und ihn zu bitten, mit mir über uns zu reden. Vielleicht fänden wir beide die richtigen Worte und könnten über alles reden. Nicht verkrampft, sondern spielerisch und leicht. Ich frage mich gerade, ob es so etwas sie Seelenkommunikation gibt und er vielleicht meine Gedanken spüren kann und als erster zu mir kommt, weil er genauso fühlt wie ich?  Wir könnten uns auf den Stein setzen, uns wie früher an den Händen halten und dem anderen zuhören, ohne zu verurteilen und Schuld zuzuweisen. Ach, ich glaube, dass, wenn er es gewollt hätte, es schon längst getan hätte. Männer reden nicht gerne und erst recht nicht über ihre Gefühle. Sicherlich ist rein gar nichts und es geht ihm gut. Ihm wird bestimmt nicht bewusst sein, dass ich mir unseretwegen Gedanken mache. Wenn, ich mich jetzt zu ihm umdrehe und ihn anlächle, dann tue ich es, weil ich mir wünsche, er erkennt meine Sehnsucht nach ihm.                  












  

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