Petra / Lilo.
 
 Ich tue, was mir Freude macht. Singen und Schreiben. 

Die Welt, Corona und ich.   

Kolumnistinnen haben es nicht leicht dieser Tage. Still ruht der See und das auf ganzer Linie. Ich bin allein! Wobei, so ganz stimmt es nicht, denn mit mir sind noch mein studierender Sohn und mein Mann daheim. Und, obwohl nichts meine Gedanken so richtig stört bin ich dennoch alles andere als Multitasking. In meinem Kopf dreht es sich nicht wie sonst um die großen Weltgeschehnisse. Von den großen Fragen dieser Zeit, Weltfrieden, eine saubere Umwelt, ein verantwortungsvollerer Umgang mit unseren Ressourcen, den Hunger dieser Welt entschlossener entgegenzutreten und alle Menschen, egal, welcher Hautfarbe oder Nation Fried – und respektvoll zu vereinen mache ich gerade innerlich einen großen Bogen. Natürlich sind diese Themen wichtig und dennoch nehme ich im Moment gerne die eine oder andere Abzweigung. Selbst irgendwelchen Verschwörungstheorien und der These, dass durch alle angeordneten Maßnahmen unsere freiheitliche Demokratie gerade den Bach heruntergeht erteile ich gedanklich eine scharfe Absage. Kurz um, Verstand und Herz führen geradewegs eine ganz eigene Komposition auf und ich bin nichts weiter als zuhörender Statist. Es summt und klingt in meinem Kopf, wie in einem Orchestergraben. Und jedes Mal, wenn die Trommel laut schlägt, reisen meine Gedanken zu Orten und Zeiten, die einst waren oder wie es wieder sein kann.

Ein altes chinesisches Sprichwort lautet: Achte auf deine Gedanken, sie sind der Anfang deiner Taten! Ich achte! Doch je mehr ich lausche, desto stärker höre ich den Puls meines Herzens, das Rauschen in meinen Adern und spüre dieses eine eigenartige Gefühl, das mir ganz deutlich sagt, dass mir nicht das große Ganze fehlt, sondern die kleinen Dinge des Lebens. Genau die, die es liebenswert und wunderschön sein lassen. Ich, die sonst keine Gelegenheit ausließ um zu protestieren, zu agieren und ihre Meinung, wo auch immer kundzutun – bleibe im Moment still und im Verborgenen.

Das, was mich noch vor Wochen täglich ja beinah stündlich beschäftigt und meine Gedanken, wie nach einem brausenden Sturm, aufgewühlt hat, ist beinah zu einer Nichtigkeit verblasst. Selbstredend, all das ist wichtig! Die Welt da draußen ist nicht perfekt! Es gibt noch unendlich viel, was angepackt werden muss, was verändert werden will – und, was eines Tages unsere Welt hoffentlich zu dem macht, wie sie idealerweise sein sollte. Aber bitte im Moment ohne mich! Meine Gedanken kreisen seit Tagen immer wieder nur um das eine. Nämlich darum, was mir persönlich wichtig ist. Und wissen Sie was? Ich fühle weder Schuld noch ein schlechtes Gewissen.

Zu schauen, was mich dieser Tage bewegt ist vielversprechend und spannend. Nichts, ist dieser Tage wichtiger, als Familie, Freundschaft und die Gesundheit. Es ist schon erstaunlich, was so ein kleiner Virus schafft. In wenigen Tagen hat es mein Wirrwarr an Gedanken auf ein Minimum reduziert und mich mit den einfachsten und dennoch schwierigsten elementaren Dingen konfrontiert und, den politisch denkenden Mensch in mir gepflegt ins Abseits bugsiert. Ruhig lasse ich meinen Blick schweifen. Wohin? Dahin, wo es mir gefällt und wo ich so etwas wie innere Sicherheit empfinde. Das Gute daran ist, dass ich nicht allein damit bin. Mit mir tun es Millionen andere Menschen auf der ganzen Welt. Ein kleiner unscheinbarer Virus hat das zustande gebracht, was andere trotz größtmöglicher Diplomatie nicht in der Lage waren zu leisten  – eine ganze Welt vereint in ein und denselben Gedanken. Dem einen mag es gefallen, dem anderen eher ein leichtes Unbehagen bescheren. Aber egal, wie oft wir es tun oder in welcher Intensität, werden wir dennoch alle feststellen, dass ein ruhiges Leben weitaus gesünder ist, als das Streben nach Perfektion. Reduktion auf das Notwendigste kann nicht nur hilfreich, sondern äußerst gesundend sein – und zwar für jeden Einzelnen und für die gesamte Menschheit!

Mein Aktionismus ist elementaren Gefühlen gewichen. Glaube, Liebe und Hoffnung geben sich mit dem Gefühl, des Vermissen ein friedvolles Stelldichein und gesellen sich zu einer stillen und dennoch unüberhörbaren Dankbarkeit. Ich bin eingetreten in eine friedvolle Kooperation und Koexistenz mit mir selbst. Das Erstaunliche daran ist, dass ich bestens funktioniere und diese innere Zufriedenheit genieße. Ich betrachte sie als willkommenes Geschenk.     

Ich vermisse weder unsere Ellenbogengesellschaft, in der nur der Stärkere zählt und die Schwachen hintenüberfallen noch die Hektik unseres Alltags. Laufe nicht mehr mit den anderen mit und schiele darauf, was andere haben oder erreichen wollen. Die Hetze durch das eigene Leben wich einer stillen Übereinkunft darüber, was ich wirklich zum Glücklichsein brauche. Ich vermisse eigentlich nichts – und dennoch gleichermaßen so unendlich viel.  

Was ich wirklich vermisse, sind die Menschen, die mir am Herzen liegen. Meinen ältesten Sohn mit Freundin, meine Tochter und Enkel, meine Freundinnen und den Freundeskreis, das miteinander reden, lachen und das Zusammensein. Meine montäglichen Chorabende und den normalen Umgang miteinander ohne Sorge einer möglichen Ansteckung. All diese Dinge, die mir sonst gar nicht so wichtig erschienen oder, die ich als so selbstverständlich betrachtet habe, dass sie mir kaum noch aufgefallen sind füllen mein ganzes Sein. Forderungen an das eigene Leben - aber auch an mir selbst, sind einer bescheidenen Dankbarkeit gewichen.

Ich bin dankbar für mein Zuhause. Dass, meine Familie trotz Krise keinerlei finanziellen Einbußen zu erwarten hat. Etwas, was leider dieser Tage nicht allen Mitmenschen beschieden sein wird. Über meine Familie, die mir in den letzten Wochen auf vielerlei Art und Weise gezeigt hat, was Familie bedeuten kann und, wie gut sie auch in schweren Zeiten funktioniert. Dankbar, über jedes Lebenszeichen meiner Freunde und Verwandte und das es allen gesundheitlich gut geht. Aber vor allen Dingen bin ich dankbar für jeden neuen Tag, den ich aufwache, leben, lieben und lachen darf.

Das Leben ist schön!

In der Tat, dem ist nicht zu widersprechen. Es sind nie die großen Dinge, die Zufriedenheit schenken. Das, was unser Leben letztendlich ausmacht, worauf wir aufbauen und woran wir uns erfreuen sind die kleinen unscheinbaren Dinge, für die wir sonst kaum Zeit haben geschweige denn ihnen eines Blickes würdigen.

 Ich freue mich über die Natur da draußen, über jeden Vogel, der durch unseren Garten fliegt, über die herumtollenden Eichhörnchen, die ohne Unterlass von Ast zu Ast springen, über das kleine Rotkehlchen das sich trotz unserer Anwesenheit dazu entschieden hat, ihr Nest im Efeugewächs zu bauen und selbst über die drei Enten, die seit Wochen unsern Gartenteich nutzen, um sich morgens und abends gründlich zu reinigen freue ich mich. Ein Reichtum, den ich unter normalen Lebensbedingungen eher achtlos begegnet bin.

Wer meine Kolumnen regelmäßig oder auch nur ab und zu liest, wird wissen, dass ich gerne geistreiche Zitate meinen Kolumnen, als Schlusswort folgen lasse. Gestern bin ich auf Zeilen gestoßen, denen ich wirklich nichts hinzufügen möchte oder will – sie stehen für sich und sagen eigentlich all das aus, wozu ich so verdammt viele Worte verwendet habe.

Wir brauchen Krisen, denn sie bringen und dazu, uns wieder zu fokussieren. Wir brauchen den Schmerz, denn er lehrt uns Dankbarkeit. Wir brauchen Probleme und schlechte Erfahrungen, um herauszufinden, was wir eigentlich wollen.

Vielleicht erreichen wir durch und mit der Krise keine großen Veränderungen. Und sicherlich wird sich die Welt nicht von Grund auf ändern, besser oder gerechter werden. Aber vielleicht, wenn jeder einzelne diese Zeit nutzt darüber nachzudenken, was ihm wirklich wichtig ist, worauf er zukünftig verzichten kann und ein klein wenig mehr darauf achtet, was er tut und zu welchem Zweck- wer weiß, vielleicht gewinnt die Menschheit am Ende dann doch von ganz allein.

Denn jede große Reise beginnt mit einem kleinen Schritt ( chin. Sprichwort)  

In diesem Sinne

Ihre / eure Lilo David.

  

 
 
 
 
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